EU-Flüchtlingspolitik: Mehr Überwachung, kaum Solidarität

Nr. 24 –

Die deutsche Innenministerin sprach von einem «sehr wichtigen Durchbruch», ihr französischer Kollege gar von einer «historischen Einigung». Im September 2020 hatte die EU-Kommission ihren lange erwarteten «Asyl- und Migrationspakt» präsentiert. Letzten Freitag haben die Mitgliedsländer in Luxemburg nun erste Umsetzungspläne vorgestellt. Mehr Überwachung und Grenzsicherung, weiterhin kaum Solidarität: So lässt sich das Präsentierte zusammenfassen.

Konkret beschlossen wurden ein neues Identifikationsverfahren an den Aussengrenzen und eine Reform der Eurodac-Datenbank. Künftig sollen Fingerabdrücke und biometrische Daten von Geflüchteten systematischer erfasst und den Polizeibehörden der Länder einfacher zur Verfügung gestellt werden. So will man rascher prüfen können, wer Chancen auf Asyl hat und wer nicht.

Vage bleibt das dritte Ansinnen: Gut ein Dutzend Länder – die sogenannte Koalition der Willigen – hat sich «grundsätzlich» zur Aufnahme Geflüchteter bereit erklärt, um die Länder an den Aussengrenzen zu entlasten. Einige weitere Staaten scheinen zumindest bereit, sich finanziell zu beteiligen oder Sachleistungen zu sprechen, während wieder andere – etwa Polen, Ungarn oder Österreich – den «Solidaritätsmechanismus» nach wie vor komplett ablehnen.

Wie viele Personen umverteilt werden können, ist noch völlig unklar. Zudem ist die Initiative vorerst auf ein Jahr befristet, immerhin mit der Option auf Verlängerung. In den nächsten Tagen wollen sich die EU-Kommission und die französische Ratspräsidentschaft zu einer Sitzung treffen, um die «Plattform der Solidarität in konkrete Taten zu übersetzen».

Nachdem die EU-Staaten bei der Aufnahme ukrainischer Geflüchteter gezeigt haben, welche Verbesserungen in kürzester Zeit erreicht werden können, sofern der Wille da ist, herrscht beim Umgang mit Geflüchteten aus anderen Ländern Stillstand. Und jene Staaten, die sich bisher gegen jede Einigung stellten, bewegen sich auch jetzt nicht. Das ist weder «historisch» noch «sehr wichtig». Es ist beschämend.