Hörspiel : Toxisch in Walhall
Ein Ring, der seinem Träger grenzenlose Macht, zugleich aber auch Unheil verheisst?
Klingt nach J. R. R. Tolkien und seinen biederen Hobbits. Hier aber gehts um eins der imposantesten Musikdramen, die je auf die Bühne gebracht wurden: Richard Wagners «Der Ring des Nibelungen». Ganze sechzehn Stunden dauert der vom deutschen Komponisten gänzlich unbescheiden als «Gesamtkunstwerk» angelegte Zyklus über das Leben und Sterben germanischer Held:innenfiguren – so etwas erschliesst man sich nicht ohne Rückenschmerzen.
Zum Glück hat sich nun die Regisseurin Regine Ahrem daran gemacht, den «Ring» als Hörspiel für den Rundfunk Berlin-Brandenburg zu adaptieren. Das ermöglicht auch denen, die mit Oper wenig anfangen können, den fortwährenden Wagner-Trubel zumindest einmal etwas einordnen zu können. Historisch ist Wagner ja eine – vorsichtig formuliert – schillernde Figur: Einst Seit an Seit mit dem Anarchisten Michail Bakunin 1848er-Revolutionär, wurde er später zum Günstling des entrückten Bayernkönigs Ludwig II., ehe posthum nicht ganz unverschuldet eine Karriere als nationalsozialistische Ikone folgte. Kommt dazu, dass sich Chefdenker wie Nietzsche, Adorno und Quentin Tarantino an ihm abarbeiteten.
Ahrems Podcast bietet einen niederschwelligen Einstieg in Wagners Schaffen. Für das Hörspiel hat sie das Libretto modernisiert und bekannte Schauspieler:innen (etwa Martina Gedeck) engagiert. Die musikalische Umsetzung zitiert bekannte Motive, wurde aber gnadenlos eingedampft zur Hintergrundbeschallung in 3-D. Dafür setzt die Regisseurin eigene Akzente: Bei ihr tritt Erdenmutter Erda als Erzählerin auf, und sie betont das Motiv rücksichtsloser Naturvernutzung.
Noch naheliegender wäre gewesen, den Reigen toxischer Beziehungen herauszustreichen: Die Storys um Wotan und Fricka oder den Supermacker Siegfried und Brünnhilde böten tollen Stoff für eine feministische Zurichtung. So bleibts beim Fantasyspass – aber immerhin einem für Bildungsbeflissene.
«Der Ring des Nibelungen». Hörspiel nach Richard Wagner (sechzehn Teile). Regie: Regine Ahrem. 2022. www.rbb-online.de/rbbkultur/podcasts/der-ring-des-nibelungen