Staatssekretariat für Wirtschaft: Nestlés verlängerter Arm

Nr. 27 –

Recherchen des Westschweizer Fernsehens RTS und von Public Eye bringen es erneut zutage: Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) versteht sich zunehmend als Hilfsorganisation für Schweizer Grosskonzerne.

Jüngster Profiteur: der Nahrungsmittelkonzern Nestlé. Dabei geht es um Einmischungen in die mexikanische Gesundheitspolitik. Ziel der Intervention war es, die obligatorischen Warnhinweise auf Junkfood zu entfernen, die vor zwei Jahren als Massnahme gegen die stark verbreitete Fettleibigkeit eingeführt worden waren. Die mexikanische Regierung will damit den Konsum von Nahrungsmitteln reduzieren, die ein Übermass an Kalorien, Zucker, Salz, gesättigten Fetten und Transfetten enthalten. Gemäss Marktdaten, die Public Eye vorliegen, belief sich 2019 der Einzelhandelsumsatz von Nestlé-Produkten in Mexiko, denen solche Warnhinweise drohten, auf über eine Milliarde Franken.

Interne Mails und Dokumente belegen, wie sich das Bundesamt als verlängerter Arm von Nestlé über den Gesundheitsschutz in einem Schwellenland stellte: Am 19. November 2019 ging aus der Firmenzentrale ein Mail ans Seco, in dem die aus Konzernsicht problematischen Aspekte des mexikanischen Vorhabens aufgelistet waren. «Wir würden uns sehr über Ihre Hilfe und Ihre Empfehlungen für unsere Lobbyarbeit freuen», heisst es. Die Nachricht findet sich in Dokumenten, die das Westschweizer Fernsehen RTS letztes Jahr, gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz, vom Seco erhalten hat. Daraus geht auch hervor, dass das Seco gegenüber Mexiko sowie auf WTO-Ebene exakt jene Bedenken gegen die Regulierung platzierte, die ihm Nestlé diktiert hatte. Zudem propagierte das Amt die Einführung einer Kennzeichnungsmethode, die freiwillig ist und bei der Junkfood deutlich besser wegkommt als beim mexikanischen Ansatz.

Dieses Lobbying für Nestlé ist kein Einzelfall: Schon in Ecuador, Chile und Peru, die ähnliche Warnhinweise eingeführt hatten, intervenierte das Seco laut Public Eye. Das Fazit der NGO: Es sei «höchste Zeit», zu verhindern, dass das Seco weiterhin die Interessen von Schweizer Firmen gegenüber ausländischen Regierungen und in Institutionen wie der WTO zur offiziellen Schweizer Position mache – «notabene ohne Einbezug anderer Bundesämter».

In Mexiko allerdings scheint die Intervention von Nestlé und Seco chancenlos: «Wir werden niemals zulassen, dass ein anderes Land oder ein ausländischer Konzern uns unsere Gesundheitspolitik diktiert», zitiert Public Eye einen leitenden Beamten des Gesundheitsministeriums.