Proteste in Afghanistan: «Brot, Arbeit und Freiheit»

Nr. 33 –

Rund vierzig Frauen haben letzte Woche vor dem Bildungsministerium in Kabul protestiert. Mit dem Slogan «Brot, Arbeit und Freiheit» forderten sie das Recht auf Arbeit und politische Beteiligung. Die seltene Kundgebung fand nur wenige Tage vor dem Jahrestag der Machtübernahme der Taliban am 15. August statt und wurde von diesen gewaltsam aufgelöst. Talibankämpfer schossen in die Luft, verprügelten Demonstrantinnen mit ihren Gewehrkolben und konfiszierten Mobiltelefone von Aktivistinnen sowie von Journalist:innen, die über den Protest berichten wollten.

Seit ihrer Machtübernahme haben die Taliban zahlreiche Beschränkungen für Frauen eingeführt. So wurden Frauen an der Rückkehr in ihre staatlichen Stellen gehindert, Hunderttausenden Mädchen wird der Besuch von Mittelschulen verweigert, und das Ministerium für Frauenangelegenheiten wurde aufgelöst. Längere Reisen dürfen Frauen nicht mehr ohne männliche Begleitung unternehmen. Im Mai haben die Taliban zudem angeordnet, dass Frauen sich in der Öffentlichkeit vollständig bedecken müssen, einschliesslich eines Gesichtsschleiers. An der Demonstration traten jedoch viele Frauen ohne Gesichtsschleier auf.

Die westlichen Sanktionen gegen das Talibanregime haben das Land in eine humanitäre Krise gestürzt, Millionen leiden Hunger, Hunderttausende wurden arbeitslos – darunter überproportional viele Frauen. Stark betroffen ist der Mediensektor: Drei Viertel aller Journalistinnen hätten seit der Machtübernahme der Taliban ihre Arbeit verloren oder aus Angst niedergelegt, in elf Provinzen seien Frauen komplett aus der Medienlandschaft verschwunden, schreibt die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) in einem diese Woche veröffentlichten Bericht. Rund vierzig Prozent der einst 547 Medienkanäle des Landes seien seit letztem Jahr eingegangen. Die Organisation warnt: «Der Journalismus in Afghanistan verblutet.» Gemäss dem RSF-Index für Pressefreiheit befindet sich Afghanistan auf Platz 156 von 180 Ländern, 2021 lag das Land noch auf Platz 122.