Wichtig zu wissen: Das ist Europa!

Nr. 34 –

Ruedi Widmer über Länder, die endlich verschmelzen müssen

Mitschuldig am bedauerlichen Tod der jungen russischen Soldaten aus armem Elternhaus sei die Schweiz, schreibt der grosse Zürcher Philosoph und Moralist Christoph Blocher, seines Zeichens Vorsitzender des Schweizerischen Verbands Philosophie, in einem für ihn erstaunlich humanistischen Geschreibsel, das in seinen eigenen Gratiszeitungen abgedruckt wurde. Und zwar mache sich die Schweiz die Hände blutig, weil sie die Sanktionen gegen Putin unterstütze. Das ist selbst für mich logisch. Würden die Sanktionen nämlich aufgehoben, dürften die russischen Soldaten endlich wieder zu ihren Familien nach Fernostrussland zurückkehren, und der Krieg in der Ukraine wäre fertig.

Aber Märlionkel National kann das seinen Grosskindern erzählen, nicht uns.

Angesichts der epochalen Umwälzung der Geopolitik scheint es, dass Europa, und mittendrin die Schweiz, schon bald zu einem einsamen Kontinent werden könnte. Ein von allen Seiten bedrohter, aber auch sich selbst schwächender Landstrich mit einer überalterten und oft unzufriedenen Bevölkerung. Die USA sind nicht jünger, könnten aber schon 2024 psychotisch regiert werden und sämtliche Brücken nach Europa abbrechen, so wie Russland heute. Von China ganz zu schweigen.

Ich spüre in diesen Monaten, wie europäisch ich bin.

Ich habe vor Jahren mal geschrieben, der grosse Konstruktionsfehler der Europäischen Union sei der fehlende dramatische Gründungsmythos – auch das fehlende Pathos, die fehlenden Helden. Die EU ist ein technokratisches Gebilde, gegründet im rationalen Atomkraft- und Weltraumfahrtzeitalter und – nach der Nazizeit verständlich – demokratisch, sachlich, nüchtern. Fade, leidenschaftslos, könnte man noch anhängen. Und hin- und hergeschüttelt von den Hauptstadtlaunen seiner Mitgliedstaaten, den Bedrohungen aus Ost und West und überfordert mit den Flüchtlingen aus dem Süden und dem Südosten. Deshalb gibt es auch so wenige Europaverherrlichungen.

Es ist nun an der Zeit, Europa endgültig zu vereinigen, zusammenzuführen, zu verschmelzen und dann und wann auch zu verherrlichen. Europa ist eine unglaublich vielseitige Welt – und voller grossartiger Städte! Lasst uns Europa nicht von Rechten und Russen trennen, sondern verbinden! Der Trans-Europ-Express der sechziger Jahre brachte es auf den Punkt: Er war ein Zeichen für ein modernes und friedliches Europa mit grosser Zukunft.

Von Dublin nach Berlin. Von Salzburg nach Hamburg. Das ist Europa!

Im Speisewagen einen feinen Tropfen Rotwein geniessen, zwei, drei Tropfen …

… ein Reisen, ein Schaukeln, ein Gondeln; von Brüsseldorf nach Düssel, von Stockenhagen nach Kopholm, von Warcelona nach Barschau, von Palmö nach Maris – Trans-Europ-Express –, von Livergow nach Glaspool, von Amsterfurt nach Klagendam, von Istanbon nach Lissambul – Trans-Europ-Express –, von Reysinki nach Helkjavik, von Genz nach Graf, von Athid nach Madren, von Ljubljlava nach Bratisjana, von Zügreb nach Zarich, von Mönchen nach Küln – Trans-Europ-Express –, von Belkarest nach Bugrad, von Mallinn nach Tadrid, von Berlon nach Londin, von Firenzia nach Veneze – Trans-Europ-Express –, von Dresdam nach Rotterden, von Batania nach Casel, von Antapest nach Budwerpen, von Marchester nach Manseille, von Pragreb nach Zag, von Pizza nach Nalermo, von Strassgart nach Stuttburg, von Krapoli nach Nakau, von Vadnius nach Vilduz, von Sheffmund nach Dortfield – Trans-Europ-Express!

Durch Frautschland, Grossbritalien, Polgien, Norschweden, Kroanien, Albänien, Griechenreich, Spalgarien, Bulnien, Finngarn, Unland, Sloweiz, Dänugal, Dankreich, Estauen, Littraine, Ukauen, Luxland, Schottemburg, Zyperreich – Trans-Europ-Express.

Prost, Europa!

Ruedi Widmer ist Europäer in Winterthur.