Pop: Nicht ohne meine Wurzeln

Nr. 44 –

Es war dann doch nicht so toll in Australien, wo die Rapperin Sampa the Great eine Weile lebte und Musik machte. Ein ewiges Sichbehaupten sei es gewesen: immer bloss die afrikanische Künstlerin sein, die es «eben doch» kann. Kurz vor Ausbruch der Pandemie kehrte Sampa Tembo, so ihr bürgerlicher Name, unter dem sie in Botswana aufwuchs, also in ihr Geburtsland Sambia zurück. «As Above, So Below» heisst das Album, das sie nun dort aufgenommen hat – und trotz der durchaus auch leisen Töne merkt man Sampa the Great die Freude darüber an, wieder daheim zu sein. Für «As Above, So Below» hat sie ein grosses Netzwerk afrikanischer Künstler:innen, die auch auf dem Kontinent arbeiten, angezapft. Da sind etwa Tio Nason, Chef 187 und Mwanjé auf «Never Forget». Tio Nason singt hier auf Chichewa, eine Bantusprache; im Video inszeniert sich Sampa the Great als afrofuturistische Göttin, der Song ein stolzer Mittelfinger: Was wäre die Welt ohne Afrika? Wahrscheinlich nicht gerade viel.

Dann die Zusammenarbeit mit Witch, einer der bekanntesten Zamrockbands der Siebziger, seit einigen Jahren wiedervereint. «Can I Live» ist eine Hommage an den Zamrock, eine sambische Spielart des psychedelischen Rock – Witch beglücken diesen so sanft beginnenden Song gegen Ende mit einigen schön schreienden Gitarrenriffs. Und der letzte Track des Albums, «Let Me Be Great», ist ein Duett mit der beninischen Sängerin Angélique Kidjo; nicht nur hier lotet Tembo selbstbewusst die Grenzen des Rapgenres aus.

Aufs grosse gemeinsame Fest eingeladen sind auch US-Künstler: die Rapper Joey Bada$$ und Denzel Curry, beide mit eher hartem, geradlinigem Rap, der dem manchmal etwas gar verträumten Album guttut. Aber Sampa the Great beherrscht sowieso diverse Register mit ihrer so beweglichen Stimme – sie raunt und flüstert, raspelt, ruft und klopft auf den Tisch. Und sagt, wo es langgeht: vorwärts, aber nicht ohne Wurzeln.  

Cover der CD «As Above, So Below» von Sampa the Great

Sampa the Great: «As Above, So Below». Loma Vista / Concord. 2022.