Zoo: What the Vogt?

Nr. 48 –

Nichts ärgert mich als altes Reptil so sehr wie Vergesslichkeit in der Politik. Das aktuellste Beispiel: Hans-Ueli Vogt. Mehr als fünfzig Prozent der Wähler:innen von Grünen und SP hätten den Zürcher Rechtsprofessor gerne als Bundesrat, weiss eine «SonntagsBlick»-Umfrage. Forschungsleiter Michael Hermann mit der naheliegenden Erklärung: Vogt sei halt ein konzilianter Typ, ein Städter, ein Intellektueller, homosexuell dazu.

Hart am Limit war auch ein Interview in der «Republik» mit dem SVP-Kandidaten. Republik: «Als Kind haben Sie Collagen angefertigt mit Fotos von Schweizer Bergen, die Sie aus Tourismusprospekten ausschnitten …» Vogt: «… und heute will ich mich dafür einsetzen, dass uns diese unvergleichlich schönen Landschaften erhalten bleiben.»

Zur Erinnerung: Der damalige Nationalrat Hans-Ueli Vogt hat die «Selbstbestimmungsinitiative» der SVP verfasst. Um Ausländer:innen automatisch ausschaffen zu können, wollte Vogt die Europäische Menschenrechtskonvention aushebeln, die wichtigste Errungenschaft für die Menschenrechte nach den Verbrechen des Zweiten Weltkriegs. Die «Selbstbestimmungsinitiative» war eine Idee ganz im Maga-Geist von Donald Trump: Die Schweiz sollte aus der internationalen Rechtsordnung ausgeschnitten werden, als wäre diese ein Tourismusprospekt. Klar, wem die Verabsolutierung der Souveränität geschadet hätte: allen ohne Schweizer Pass, die das Land täglich auf Hochglanz polieren.

2018 wurde die SVP-Initiative mit mehr als sechzig Prozent abgelehnt. Dass nur vier Jahre später Linke ernsthaft in Betracht ziehen, dass Hans-Ueli Vogt Bundesrat und damit sogar Justizminister werden könnte, ist nicht zu fassen. Was noch nicht heisst, dass die Parlamentarier:innen von SP und Grünen deshalb dem zweiten Kandidaten Albert Rösti die Stimme geben müssen, der während der damaligen Abstimmung Parteipräsident war. Am besten wählen sie keinen von beiden – als Zeichen, dass derartig brandgefährliche Angriffe auf den Rechtsstaat nicht vergessen gehen.

Fakten, Fakten, Fakten: Der Oberleguan rückt im «Zoo» auf woz.ch regelmässig die Dinge zurecht.