Film: Männer, Mörder, Polizisten

Nr. 20 –

Filmstill aus dem Film «La nuit du 12»: zwei Männer sind nachts unterwegs
«La nuit du 12». Regie: Dominik Moll. Frankreich 2022. Jetzt im Kino.

Der Hinweis, dass ein Kriminaldrama auf wahren Begebenheiten beruht, weckt immer ein gewisses Misstrauen. Die Grenze zwischen sogenanntem True Crime und Voyeurismus ist oft nicht mehr als eine Schutzbehauptung, um das Gewissen zu besänftigen.

«La nuit du 12» von Dominik Moll, mit acht Césars ausgezeichnet und mit etwas Verspätung endlich auch hier im Kino, gehört nicht zu dieser Art von «True Crime». Inspiriert von einer literarisch-soziologischen Langzeitstudie über eine Einheit der französischen Polizei, interessiert sich Moll weder für den konkreten (fiktiven) Mordfall, den er ins Zentrum der Handlung stellt, noch für die Identität des Mörders, der eines Nachts grausam die jugendliche Clara mit Benzin übergiesst und anzündet – und auch nicht für die privaten Nöte der erfolglosen Polizisten. Nicht dass all diese Dinge in «La nuit du 12» keinen Platz fänden, aber es geht um anderes, Beunruhigenderes.

Die Polizistin, die erst im letzten Drittel des Films auftritt, stellt eine unbequeme Frage. Ob es nicht merkwürdig sei, dass die Mehrzahl der Täter wie auch der Polizisten Männer seien: «Männer töten, und Männer sind die Polizei.» Dem Teamleiter der Gruppe, die in Claras Fall ermittelt, macht es weniger zu schaffen, dass keiner der Verdächtigen jemals überführt werden konnte, als dass jeder von ihnen als Täter infrage kommt. Ob subtil in den beiläufigen Kommentaren der Polizisten zu Claras Liebesleben oder explizit in den ausgesprochenen Gewaltfantasien der diversen Exfreunde: Die Frauenfeindlichkeit zieht sich als schmerzhafter roter Faden durch alle Interaktionen in dieser allzu authentischen Gesellschaftsstudie.

Einmal diskutiert die rein männliche Ermittlerrunde über ein mögliches Motiv des Täters. «Warum eigentlich automatisch von einem Mann ausgehen?», fragt einer. Worauf ein anderer entgegnet, es seien doch immer schon die Frauen – Jeanne d’Arc, die Hexen – gewesen, die gebrannt hätten, und die Männer, die das Feuer angezündet hätten. Letzteres gelte ja auch fürs Grillieren im Garten, scherzt ein Dritter, worauf alle lachen.