Luzerner Wahlen: Die Konkordanz kehrt zurück
Mit Ylfete Fanaj hat die Luzerner SP nach acht langen Jahren wieder eine Regierungsrätin. Was bedeutet das für den Kanton?
Am frühen Sonntagnachmittag war es vollbracht: Im zweiten Wahlgang der Luzerner Regierungsratswahlen schaffte SP-Kandidatin Ylfete Fanaj hinter dem SVP-Konkurrenten Armin Hartmann den Sprung in die Exekutive. «Die Linke ist zurück – stärker denn je», proklamierte David Roth, Präsident der Kantonalpartei, an der Wahlfeier.
Es war die grosse Erlösung nach zuvor zwei erfolglosen Anläufen für die Regierung und acht Jahren in der Opposition. Kandidatin Fanaj, wie immer in den letzten Monaten in markantem Rot gekleidet, holte nach einem souveränen Wahlkampf die wohlverdienten Gratulationen ab. Die langjährige Kantonsrätin setzte sich am Ende deutlich gegen ihre Kontrahentin, die Grünliberale Claudia Huser, durch.
Erstmals zwei Frauen
Fanajs Sieg ist gleich in zweierlei Hinsicht eine Premiere: Zum einen sitzen erstmals in der Geschichte Luzerns zwei Frauen in der Exekutive; und dies, nachdem acht Jahre ein reines Männergremium regiert hat. Michaela Tschuor (Die Mitte) schaffte bereits Anfang April den Einzug in die Regierung. Zum anderen ist Ylfete Fanaj die schweizweit erste Regierungsrätin mit kosovarischen Wurzeln.
Die Vierzigjährige war jedoch beflissen, ihren Migrationshintergrund nicht in den Wahlkampf zu tragen. Sie trat stattdessen als erfahrene Brückenbauerin auf, erfüllte dabei das Klischee der «regierungsfähigen», weil konsensorientierten Sozialdemokratin. Trotz eines dezidiert linken Wahlprogramms verzichtete sie auf laute Parolen. «Die SP fand mit Fanaj eine Kandidatin, die auch über das linke Lager hinaus als wählbar galt», sagt Reto Mitteregger, Politologe an der Universität Zürich. «Beispielsweise zeigte sie sich in ihrer Amtszeit als Kantonsratspräsidentin als nahbare Politikerin und verschaffte sich so viele Sympathien.»
Bürgerliche wollten SP einbinden
Das Resultat ist auch eine Machtdemonstration der rot-grünen Hauptstadt gegen den bürgerlichen Kanton. Während es den Grünliberalen nicht gelang, in den ländlich geprägten Gebieten genügend Wähler:innen zu mobilisieren, zeigte sich die Linke in der Stadt Luzern gewohnt dominant. Fanaj holte auf städtischem Gebiet beinahe doppelt so viele Stimmen wie Huser – eine Hypothek, die die Grünliberale auch in den restlichen Wahlkreisen nicht wettmachen konnte.
Huser konnte nicht auf die Unterstützung anderer Parteien zählen. Die FDP verzichtete auf eine Wahlempfehlung, und die Mitte-Partei, stärkste Kraft im Kanton, pochte lautstark auf Konkordanz in der Regierung. Für Mitteregger verständlich: «Die SP hat im Kanton Luzern – und insbesondere in der Stadt Luzern – in den letzten Jahren stetig zugelegt und sich, im Unterschied zu den Grünliberalen, als initiativ- und referendumsfähig gezeigt.» Daher sei es auch für die bürgerlichen Parteien wünschenswert gewesen, sie wieder in die Regierung einzubinden.
Die Stimmbevölkerung hat den Wunsch jedenfalls erfüllt: Ab dem 1. Juli werden erstmals seit 2007 die vier stärksten Parteien des Kantons – Die Mitte, SVP, FDP und SP – wieder gleichzeitig in der fünfköpfigen Luzerner Regierung vertreten sein. Was bedeutet das für den Kanton? «Politisch wird sich voraussichtlich kaum etwas verändern», sagt Mitteregger. «Auch nach dem linken Sitzgewinn herrscht in der Regierung eine bürgerliche Mehrheit, und im Kantonsparlament hält Rot-Grün weiterhin bloss knapp ein Viertel der Sitze.» Punktuell könnte die SP aber mit der Mitte-Partei eine Koalitionspartnerin finden.