SPÖ-Wahl: Träumen mit Babler
Dass Leonard Cohen ein guter Ratgeber fürs Leben ist, wissen wohl einige. ORF-Journalist Martin Thür gehört auch zu ihnen. «There’s a crack in everything, that’s how the light gets in» lautet sein Motto gemäss dem Cohen-Song «Anthem».
Diese Woche hat es sich wieder einmal bewahrheitet. Thür bemerkte nämlich nach der Auszählung des Wahlresultats um den SPÖ-Vorsitz, dass im Endresultat eine Stimme fehlte. Der kleine Fehler war die Ritze, durch die das Licht strömen sollte: Die SPÖ-Wahlbüroleiterin fuhr nach dem Hinweis von Thür in die Parteizentrale, um nochmals alle Unterlagen zu sichten. Und siehe da: Es fehlte nicht nur eine Stimme, das ganze Resultat war im Auszählprozess verdreht worden. Nicht Hans Peter Doskozil ist der neue SPÖ-Vorsitzende, wie am Samstag am Parteitag in Linz vermeldet wurde, sondern Andreas Babler.
Dieser war als Aussenseiter in die Wahl gestartet. In den letzten drei Monaten wuchs eine regelrechte Unterstützungsbewegung heran. Höhepunkt der Kampagne war Bablers fulminante Rede, die er auf dem Parteitag hielt. Statt Almosen einzufordern, müsse die Sozialdemokratie wieder zu einem offensiven Gegenmodell werden, rief Babler in den Saal. Sie dürfe nicht länger Bittsteller sein, sondern müsse die politischen Rechte und die soziale Absicherung einfordern, die allen zustünden. Den Leuten, die ihn einen Träumer nennen würden, antworte er: «Träumer ist nur ein anderes Wort für Sozialdemokrat. Wir sind es, die immer schon aus Träumen die Wirklichkeit gemacht haben.»
Wie Babler seine anstiftenden Sätze in die Realität übersetzt, wird sich nun weisen müssen. Klar ist für den Moment: Dank der Korrektur des Wahlresultats ist die SPÖ links und offensiv positioniert wie schon lange nicht mehr. Es könnte sich lohnen, weiter genau nach Osten zu schauen.