Pop: Mit inbrünstiger Wut

Nr. 24 –

Album-Cover «Cyanide» von Asbest
Asbest: «Cyanide». A Tree in a Field / Czar of Crickets. 2022.

Es ist ein Auftakt mit Ansage: In seiner Dramatik grenzt dieses lauernde Gitarrenriff an hochfliegenden Heavy Metal. Doch nun wird es ungemütlicher. Als der Song zündet, folgt die Band der wogenden, lärmigen Gitarre, und Robyn Trachsel schreit einen ersten Satz, wie er beklemmender kaum sein könnte: «We are trapped in the body of a snake that is eating its own tail.» Ouroboros heisst das antike Symbol der Schlange, die ihren eigenen Schwanz auffrisst, es steht für ewige Wiederkehr, und wie es hier weitergeht in diesem Song namens «Autodigestion», Selbstverdauung, verheisst das natürlich nichts Gutes: Das Wir, von dem die Rede ist, ist eine blosse Ansammlung von Rädchen einer zerstörerischen Maschine.

Aus der Distanz ist die Geschichte schnell erzählt: Die 2016 in Basel gegründete Noise-Rock-Band Asbest beschwört eine sehr düstere, meist ausweglos erscheinende Welt, gegen die sie mit einer inbrünstigen Wut anschreit, dass es einem kalt den Rücken hinunterläuft. Ihre eruptiven Konzerte gehören zum Besten, was man in diesem Land an härterer Musik hören kann, man verlässt sie aufgekratzt, aber auch belebt. Nun ist nach der ersten EP, «Interstates» (2017), und ­«Driven» (2018) das zweite Album, «Cyanide», erschienen, benannt nach einer hochtoxischen Substanz. Die neuen Songs klingen weniger rockig als auf dem Debüt, weniger flächig zum Shoegaze hin, die Gitarren zerfranster, schneidender oder eben: giftiger.

Von Schmerz verzerrt, aber auch unbändig stolz: Man hört das Grundgefühl dieser Musik in den dissonanten Gitarren, die sich immer wieder zu starken Riffs bündeln, wie auch in Trachsels eindringlichem Gesang. Fast ein Sprechgesang ist das manchmal, dann wieder steigert sich die Stimme in kontrolliertes Schreien. Überhaupt, wie sie die Betonungen der Wörter sich beugen, die kratzigen Ränder flattern lässt, Klageschreie anstimmt, ohne in Melancholie zu baden, wie sie einen Wimpernschlag später wieder auf Angriff schaltet: All das ist Stoff für Gänsehaut.

Live in: Greifensee, Konkret Festival, Fr, 30. Juni 2023; Brugg, kleinLaut Festival, Fr, 28. Juli 2023; Eggersriet, Festival Sur Le Lac, Sa, 12. August 2023.