Film: Kletterübung im Nostalgiezug

Nr. 28 –

Still aus dem Film «Mission: Impossible. Dead Reckoning Part One»
«Mission: Impossible. Dead Reckoning Part One». Regie: Christopher McQuarrie. USA 2023. Jetzt im Kino.­

Das Gute an den «Mission: Impossible»-Filmen mit Tom Cruise als Weltretter war immer schon, dass man sich problemlos auf die Seite der Bösewichte schlagen konnte. In diesen US-Imitaten der James-Bond-Reihe waren die Schurken meist interessanter als Cruise’ glatter, übereifriger Agent Ethan Hunt. Sein Widersacher in der neusten und insgesamt zweitletzten Runde des Actionspektakels ist ein Wiedergänger aus dem ersten Film von 1996. Doch während der 61-jährige Tom Cruise in den 27 Jahren seit der Erstauflage kaum gealtert erscheint, ist der gleichaltrige Esai Morales in der Rolle des teuflischen Erzengels Gabriel ein ergrauter, aber natürlich topfitter Best Ager. Trotzdem braucht es nicht viel Fantasie, um Ethan und Gabriel als Doppelgängerpaar zu erkennen: Warum man dem einen mehr trauen soll als dem anderen, ist nicht ganz plausibel; dass sich Hunt grossspurig aufs «Allgemeinwohl» beruft, hilft da auch nicht weiter.

In dem auf zwei Teile angelegten «Dead Reckoning» jagen beide einer etwas einfallslos «the entity» genannten, hochpotenten künstlichen Intelligenz hinterher: Mit dieser «entity»­ – so viel Zeitgeist soll sein – lasse sich die Welt auf jede beliebige pervertierte Wirklichkeit umpolen, wie man uns mehrmals erklärt. Um dieser Höllenmaschine zu entkommen, wird nun fieberhaft wieder analogisiert, was in den letzten Jahrzehnten digitalisiert worden ist – nicht zuletzt der Actionstar selber.

Eine gute kleine Pointe. Da ist es folgerichtig, dass der Plot einmal mehr hinter einer schamlosen Talentschau von Cruise als seinem eigenen Stuntman verschwindet: Seht her, wie gut ich immer noch rennen, klettern, Motorrad fahren, Fallschirm fliegen kann und wie unwiderstehlich ich auf mindestens zwanzig Jahre jüngere Frauen wirke. Geglückt ist der Showdown in einem über dem Abgrund baumelnden Orientexpress mitsamt Dampflokomotive. Muss man das als nostalgische Hommage an Tom Cruise verstehen, oder gar ans Kino? Sicher ist: Cruise soll diesen Sommer die darbenden Kinokassen füllen, zusammen mit dem 81-jährigen Harrison Ford, der ein letztes Mal als «Indiana Jones» aufspielt. Bleibt zu hoffen, dass Christopher Nolans «Oppenheimer» (Start: 20. Juli) einen originelleren Weg in die Zukunft – oder wenigstens die Gegenwart – des Blockbusterkinos weist.