Sixto Rodriguez (1942–2023): Ruhm mit siebzig

Nr. 33 –

Keine Musikgeschichte der vergangenen Jahre hat die Gemüter so berührt. 1942 wird das sechste Kind von mexikanischen Einwander:innen in Detroit geboren. Es heisst Sixto, der Sechste. Für Sentimentalitäten ist kein Platz zwischen Rassismus, schlechten Wohnbedingungen, dem frühen Tod der Mutter und einem abwesenden Vater. Klar, was folgt: erst die Armee, dann die Fabrik. Daneben schreibt Sixto Rodriguez Songs und spielt Gitarre.

Immerhin, er nimmt nach ein paar Singles im hohen Popalter von 28 Jahren zwei Alben auf: «Cold Fact» (1970) und «Coming from Reality» (1971). Das erste erinnert noch stark an Dylan, aber die Texte brauchen weniger Worte. Und man versteht sie, denn die Stimme singt im klaren Alt und nuschelt null. Ab und zu gibt es Streicher, ein paar Bläsersätze. Politischer, eleganter, cooler Folk. Doch beide Alben floppen. Rodriguez zieht sich zurück in die Anonymität der Arbeiter:innenklasse.

Hier setzt das Märchen ein, das zwei weisse Südafrikaner und ein Schwede schreiben. Ende der Neunziger starten der Plattenladenbesitzer Stephen Segerman und der Journalist Craig Strydom ihre Suche nach Rodriguez. Sie finden ihn und holen ihn nach Südafrika. Der schwedische Fernsehmacher Malik Bendjelloul beginnt zehn Jahre später seine Arbeit am Dokumentarfilm «Searching for Sugar Man», für den er Jahre braucht. 2013 erhält er dafür einen Oscar, und Rodriguez erlangt Weltruhm.

Der Film und das nachgelieferte Buch «Leben, Tod und Auferstehung des Sixto Rodriguez» leben davon, dass Rodriguez im Westen vergessen war, in Südafrika aber berühmt geworden ist. Weil man etwa glaubte, der Musiker habe sich einst auf offener Bühne erschossen – bis die beiden Fans den Star über ihre Website aufspüren. Allerdings hat Rodriguez schon früher in Australien Tourneen gespielt. Die Rückkehr dieses Musikers brauchte mehr Zeit, als es der oft arg geskriptete Dokumentarfilm darstellt.

Wer heute in Buch und Film reinschaut, kann sich an der Haltung der weissen Fans und ihrer Schatzsuche stören. Aber am Ende sind das Nebenwidersprüche, solange zwei Dinge stimmen: Die beiden Alben waren toll, und ein Mann, der seine Knochen selten schonen konnte, musste mit 70 Jahren nicht mehr auf den Bau, sondern durfte auf die Bühne. Nun ist er im Alter von 81 Jahren in Detroit gestorben.