Umweltschutz in Malaysia: Plantagen kaufen für den Dschungel
Seit mehr als zehn Jahren treibt eine kleine Organisation auf Borneo die Rettung des Regenwalds voran – und bedient sich dafür der Ölpalme.
«Du solltest hier Gummistiefel kaufen», sagt Robert Risch bei einem kurzen Stopp auf der Fahrt zu den Projektgebieten seiner Naturschutzorganisation Rhino and Forest Fund (RFF) im Dschungel von Sabah. «Im Wald gibt es Schlangen, die sich unter abgestorbenem Laub verstecken.»
Das seit mehr als hundert Millionen Jahren bewaldete Sabah auf der Insel Borneo hat eine weltweit einzigartige Flora und Fauna. Viele der Arten sind jedoch durch die Rodung zugunsten von Holzgewinnung und Ölpalmenplantagen bedroht. Trotzdem ist der malaysische Bundesstaat noch rund zur Hälfte von Wäldern bedeckt, von denen die Landesregierung bereits 26 der angestrebten 30 Prozent unter Schutz gestellt hat.
Seit 2010 treibt der RFF in Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden die Rettung bedrohter Waldgebiete voran: Risch und seinen Mitstreiter:innen ist es inzwischen gelungen, mehr als 2300 Hektaren Wald unter Schutz stellen zu lassen. Der Deutsche hat dafür einen Weg eingeschlagen, der für Umweltschützer:innen ungewöhnlich ist: Finanziert durch Spendengelder, kauft er ausgediente Palmölplantagen, die er mit heimischen Baumarten wieder aufforstet. Davon profitiere auch das Klima: «Wir haben schon rund eine Million Tonnen CO₂ eingespart.»
Gerade erst hat Risch in Tabin-Kulamba eine 560 Hektaren grosse Plantage zur Hälfte erworben und aus Geldmangel die andere Hälfte vorerst nur gepachtet. Die will er weiterbetreiben, um das Geld für den Kauf der anderen Hälfte und zugleich für die Renaturierung zu verdienen. «Ausgediente Plantagen einfach abzuholzen und neue Bäume zu pflanzen, ist sowieso zum Scheitern verurteilt», erklärt Risch. Das Kronendach der Ölpalmen biete den Setzlingen beste Wachstumsbedingungen. Erst wenn die jungen Bäume stark genug zum Überleben seien, könnten die Ölpalmen peu à peu gefällt werden.
«Da, alles kahl»
Die mehrstündige Fahrt von der Stadt Lahad Datu über holprige Strassen nach Tabin-Kulamba führt durch typische Landschaften: Ölpalmenplantagen, Kahlschlaggebiete, natürlicher Wald. Immer wieder zeigt Risch entsetzt auf die Plantagen: «Da, alles kahl zwischen den Palmen. Sie haben Pestizide gespritzt.» Atemberaubend sind die Meranti, die bis zu 65 Meter hohen Urwaldriesen, die majestätisch über die Baumkronen hinausragen und teils wegen ihres geschützten Status wie Mahnmale in kahl gerodeten Gebieten stehen geblieben sind.
In Tabin-Kulamba, in einer kleinen Baumschule am Waldrand, wachsen Setzlinge verschiedener Baumarten heran, die anschliessend ausgepflanzt werden. In einer fünfzig Hektaren grossen gekauften Plantage werden jeweils fünf verschiedene Baumarten kreisförmig um eine Ölpalme gepflanzt. «So wächst auf lange Sicht ein neuer Wald als Lebensraum und eine vielfältige Futterquelle für Tiere heran», erklärt Risch. Das Rückgrat des ökologisch komplexen Regenwalds.
In Sichtweite der Plantage verbindet ein vom RFF angelegter Korridor geschützte Waldgebiete. «Unbesiedelte Korridore sind entscheidend für gesunde Tierpopulationen, da sie Migration und damit genetischen Austausch ermöglichen», erklärt Risch, der eigentlich Sozialarbeiter ist. Zum Tier- und Waldschutz in Sabah kam er vor vielen Jahren, als er während eines Tauchurlaubs den Schweizer Philippe Saner traf und von den Anstrengungen von Umwelt- und Tierschützer:innen erfuhr, die in der Region vom Aussterben bedrohten Nashörner zu retten.
Biovielfalt erhalten
Zur Unterstützung der Nashornrettung gründeten die beiden den RFF. Der Biodiversitätswissenschaftler Saner hat sich nach siebzehn Jahren im März «wegen beruflicher Herausforderungen» zurückgezogen. «Das Ganze lebt davon, dass man auch vor Ort sein kann, und dafür fehlt mir die Zeit», sagt er. Der Name RFF ist geblieben – auch wenn es seit 2019 keine Nashörner in Sabah mehr gibt. «Sie konnten letztlich nicht überleben, weil ihr Lebensraum zu fragmentiert war. So kamen wir auf die Idee, fragmentierte Gebiete mit geschützten Korridoren zu verbinden», erinnert sich Risch. «Viele sagten damals: Träum weiter. Aber ich bin Optimist, sehe nicht Probleme, sondern Lösungen.»
In Sabah tummeln sich Organisationen, staatliche Akteur:innen, Aktivistinnen und Wissenschaftler, die sich alle dem Erhalt der Biovielfalt verschrieben haben. Das grösste Projekt ist das vom WWF initiierte und von den Borneostaaten Malaysia, Indonesien und Brunei unterstützte, 220 000 Hektaren grosse Waldschutzgebiet Heart of Borneo. Sich dem WWF oder anderen grossen Akteuren anzuschliessen, kommt für Risch nicht infrage. «Die sind bürokratisch und schwerfällig, Projekte werden schnell verwässert.»
In Tabin-Kulamba leben auch viele bedrohte Tierarten. Bis zu 500 Borneoelefanten – etwa dreissig Prozent des Gesamtbestands in Sabah – streifen noch durch den Wald. Auch rund 150 Exemplare einer lokalen Wildrindart, etwa 30 der hochbedrohten Sunda-Nebelparder sowie Orang-Utans, Malaienbären und Borneogibbons sind dort heimisch. Die Tierwelt scheint die Waldrettung des RFF anzunehmen. Freudig zeigt Risch am Ufer des Sees auf Kotballen: «Elefanten waren hier.»