Afrika bei den G20: Ein Sitz am grossen Tisch
Die Vertreter:innen der G20, des mächtigen Zusammenschlusses der wirtschaftsstärksten Länder der Welt, waren noch nie um grosse Worte verlegen. Seit es die Gruppe gibt, propagieren sie den Freihandel als magisches Serum für «globales Wachstum», «Armutsreduktion» und «nachhaltige Entwicklung». Der diesjährige Gipfel fand am Wochenende in Neu-Delhi statt, unter dem wohlklingenden Motto: «Eine Welt, eine Familie, eine Zukunft». Um eine ansehnliche Bühne zu bieten, wurden in Indiens Hauptstadt mehrere Armensiedlungen geräumt und zerstört.
Was Gastgeber Narendra Modi in den letzten Monaten ebenfalls aufgegleist hat: die reibungslose Aufnahme der Afrikanischen Union (AU) in den Klub der G20. Die AU ist ein jahrzehntealtes panafrikanisches Projekt, das nun also am Tisch der Mächtigen einen Kontinent mit fast 1,4 Milliarden Menschen vertreten und ein Gesamt-BIP von etwa 2,5 Billionen US-Dollar in die Waagschale werfen soll.
Die Mitgliedschaft dürfte durchaus willkommene Verhandlungsmacht bieten, wenn es etwa um die fatale Verschuldungsspirale geht, in der ein Grossteil der 55 AU-Staaten steckt. Gleichzeitig fragt sich, ob es die Organisation schaffen wird, diese auszuspielen. Denn deren viele Gremien, Institutionen, Ausschüsse und Räte können kaum darüber hinwegtäuschen, dass das Projekt bislang mindestens genauso viel bürokratische Staffage wie vorweisbaren Erfolg für Afrika gebracht hat. So muss befürchtet werden, dass die AU den G20 künftig vor allem als Feigenblatt dienen könnte, um die Ausbeutung des Kontinents weiter voranzutreiben.