Demoverbot: Berner Kapriolen

Nr. 46 –

Eine Woche ist es her, dass die Stadt Bern ein faktisches Demonstrationsverbot bis Weihnachten erlassen hat. Grosskundgebungen (ab zwanzig Personen) in der Innenstadt, hiess es in einer Mitteilung, würden in dieser Zeit nicht bewilligt. Wie kommt eine linke Stadtregierung dazu, das Versammlungsrecht pauschal und präventiv einzuschränken? Das Theater beginnt mit einem Auftritt des kantonalen Sicherheitsdirektors Philippe Müller (FDP) in «Bund» und «Berner Zeitung». Der rechte Hardliner schürt darin Ängste vor ausländischen Extremisten, die Kundgebungen unterwandern könnten, erklärt, ein «Stinkefinger gegen das Bundeshaus» sei schon ein Missbrauch des «Gastrechts» und meint nonchalant, «die Leute» hätten genug von Demonstrationen. Kurz vor dem Untergang des Abendlands, den Müller – mit scharfsinnigem Blick ins Ausland – kommen sieht, dürstet es «die Leute» eben eher nach Zibelemärit, YB und dem Staatsbesuch des französischen Präsidenten Macron.

Glücklicherweise, könnte man denken, hat Müller keine Kompetenz, Demonstrationen in der Stadt zu verbieten. Blöderweise, muss man sagen, hat er das ganze Polizeikorps unter sich – ein Berner Strukturproblem; sein städtischer Amtskollege Reto Nause (Die Mitte) hat keine Polizist:innen, dafür aber die Kompetenz, Müllers Wunsch nach einer Stadt voller Weihnachtsmarktchalets statt Demos in den Gemeinderat zu tragen.

Warum die anderen Exekutivmitglieder dann einknickten, bleibt offen; der grüne Stadtpräsident Alec von Graffenried sagt auf Nachfrage nur, es gebe gar kein Verbot, und schickt den Informationschef ans Telefon, der wiederum schlechten Empfang hat und eine schriftliche Anfrage verlangt. Die Antwort darauf kommt dann von Nause, der ausgesprochen geduldig das Verbot zerredet oder begründet, je nach Frage. Damit haben sie alle gewonnen: Müller kann in Ruhe an den Zibelemärit, Nause ist mal wieder in der Öffentlichkeit, und die linken Entscheidungsträger:innen haben sich geschickt aus der Verantwortung manövriert. Eine Demonstration gegen das Demonstrationsverbot ist angekündigt. Sie wurde vorerst nicht bewilligt.