Bundesratswahl: Powerplay und Befindlichkeiten
Irgendwann gings nicht mehr um Argumente, sondern um Befindlichkeiten: Am Wochenende verlangte Bauernverbandspräsident Markus Ritter (Die Mitte) von Kandidat Jon Pult eine Entschuldigung für eine politische Kampagne, die Pults PR-Agentur vor drei Jahren lanciert hatte. Die Kampagne habe «wehgetan». Wenn Pult sich im Hearing der Konferenz bäuerlicher Parlamentarier:innen nicht davon distanziere, sei er für deren Mitglieder kaum wählbar. Als wäre das intransparente Gremium Ritters persönlicher, königsmachender Bundeshausklub. Damit war der Ton gesetzt.
Beat Jans hielt dem Machtgebaren Ritters und dessen Gruppe von Wirtschaftslobbyisten in Edelweisshemden weniger entgegen als Pult. Schon im Vorfeld hatte er sich für «Missverständnisse in der Vergangenheit» bei den bäuerlichen Parlamentarier:innen entschuldigt, zum Hearing brachte er Läckerli. Von Pult gab es weder Entschuldigung noch Süssigkeiten. Prompt strafte Ritter den Kandidaten ab; Pult werde von den bäuerlichen Vertreter:innen «kaum eine Stimme erhalten».
Neben diesem Powerplay verblassten die vier Fraktionshearings vom Dienstag. Klare Voten für einen Kandidaten gab es keine. Jans machte bei der SVP wohl die bessere Figur. Ob sich alle Fraktionsmitglieder ans Ticket halten werden, bleibt offen.
Am interessantesten war der Auftritt von FDP-Fraktionspräsident Damien Cottier vor den Medien: Sprach da nicht die Angst vor dem Verlust eines Bundesratssitzes aus seiner verklausulierten Drohung, die FDP halte sich ans Ticket, sofern sich die anderen auch an die Spielregeln halten würden? Es wäre zu wünschen, dass die faktische Wiederwahlgarantie ausläuft. Ignazio Cassis’ Sitz wackelt als einziger. Dabei hat sich Karin Keller-Sutter mit ihrer verfassungswidrigen Einflussnahme bei der Abstimmung zur Konzernverantwortungsinitiative (vgl. «Die BRKKS-Protokolle») endgültig für ihr Amt disqualifiziert. Würden Argumente bei den Bundesratswahlen mehr zählen als Lobbymächte und Befindlichkeiten, müsste auch sie um ihren Sitz zittern.
