Repression: Wer soll das bezahlen?

Nr. 49 –

Diejenigen, die den Rechtsstaat am liebsten ins Feld führen, sind in der Regel auch die, die ihn am effektivsten aushöhlen. Ein typisches Beispiel dafür ist die Forderung, Einsatzkosten der Polizei auf Demonstranten und Besetzerinnen zu überwälzen.

Im Kanton Zürich wird diesbezüglich derzeit ein Präzedenzfall verhandelt. Im Frühjahr hatten Aktivist:innen in Rümlang ein Stück Wald besetzt, um es gegen die Abholzung zugunsten einer Mülldeponie zu verteidigen. Die Kantonspolizei räumte die Besetzung mit einem Grossaufgebot und stellt diesen Einsatz den Aktivist:innen jetzt in Rechnung.

Geregelt ist diese Überwälzung im Verwaltungsrecht – obwohl es sich dabei faktisch um eine Bestrafung der Belangten handelt. Denjenigen, denen eine Strafe droht, stehen eigentlich gewisse Rechte zu: Aussageverweigerung, Unschuldsvermutung, Verhältnismässigkeit. Im Verwaltungsrecht gelten diese Rechte alle nicht.

Die Waldbesetzer:innen von Rümlang wurden noch nicht einmal rechtskräftig verurteilt. Trotzdem sollen sie bereits einen fünfstelligen Betrag bezahlen müssen. Jetzt sammeln sie Geld, um sich juristisch dagegen zu wehren. Notfalls wollen sie bis Strassburg prozessieren.

Sollten sie scheitern, hätte das gefährliche Signalwirkung. Bestimmungen zur Kostenüberwälzung bestehen nicht nur im Kanton Zürich, sondern etwa auch in Bern und Luzern. Erst einmal wurden sie bislang öffentlichkeitswirksam angewandt – gegen Coronaskeptiker:innen in Bern. Auch den Beamt:innen scheint die Regelung angesichts der juristischen Probleme unangenehm zu sein.

In Zürich hat die Junge SVP deshalb eine Initiative lanciert, die die Kostenüberwälzung für die Behörden verpflichtend machen will. Sie wird demnächst zur Abstimmung kommen und soll unliebsame linke «Chaoten» einschüchtern. Solche, die angeblich zu wenig Respekt vor dem Rechtsstaat haben.