Film: Putzmann in den Städten
So sollte es überall sein: öffentliche Toiletten als «Schutzzonen des Friedens und der Würde». Da man das in Japan offenbar so sieht, liess Tokio bei den Vorbereitungen auf die für 2020 geplanten Olympischen Spiele eine Reihe WC-Häuser von Stararchitekt:innen entwerfen. Und Wim Wenders wurde eingeladen, eine Kurzfilmserie über sie zu drehen, um «omotenashi», japanische Gastfreundschaft, zu promoten. Mithilfe seines Ko-Autors, Takuma Takasaki, verwandelte Wenders das Projekt in einen Spielfilm, in dem die Designerörtchen nur den Hintergrund für das Porträt eines in mönchischer Genügsamkeit lebenden Witwers bilden.
Koji Yakusho, in Cannes mit dem Darstellerpreis ausgezeichnet, verkörpert diesen Toilettenputzer, den der Film in der ersten Hälfte ohne Dialoge, allein durch die Routinen seines Tagesablaufs vorstellt. Hirayama ist schweigsam, bescheiden, stets auf den Moment konzentriert, sei es beim morgendlichen Aufstehen oder beim Reinigen der ohnehin ziemlich sauberen Häuschen. Dass man ihn als Putzmann übersieht, nimmt er mit einer Demut hin, die suggeriert, dass der «niedrige» Job für ihn eine Art Busse darstellen könnte. Daneben geht er leicht exzentrischen Vorlieben nach: Er lebt betont analog, unterwegs hört er seine Vintagekassettensammlung mit Musik von Patti Smith, den Animals, Van Morrison und Konsorten. Das stoische Glück, das er in seinem Alltag vermeintlich erreicht, wird schliesslich aufgebrochen, als eine fünfzehnjährige Nichte auftaucht. Ihr emotionales Chaos lässt sich weniger leicht durch Rituale wegordnen. Eine weitere Zufallsbegegnung deutet an, dass hinter Hirayamas Genügsamkeit der Versuch stehen könnte, mit Schmerz und Trauma fertigzuwerden.
Wenders findet hier auf grossartige Weise zur atmosphärischen Erzählweise zurück, die seine frühen Filme wie «Alice in den Städten» so faszinierend machte. Aus alltäglichsten Stadtaufnahmen – wie oft sieht man das öde Grau der Stadtautobahnen! – wird eine fesselnde Reflexion darüber, was Wohlgefühl ausmacht und bedeutet.