Film: Was tut der in meinem Traum?

Nr. 6 –

Filmstill aus «Dream Scenario»
«Dream Scenario». Regie und Drehbuch: Kristoffer Borgli. USA 2023. 
Jetzt im Kino. Die Nicolas-Cage-Retrospektive im Kino Xenix in Zürich 
läuft noch bis 28. Februar 2024.

Zwischen Traum und Realität liegen Welten. Das erfährt eine junge Frau in einer der wohl groteskesten Sexszenen des Kinojahres am eigenen Leib. Im Traum beschert ihr der mehr als doppelt so alte Paul Matthews ­(Nicolas Cage) den besten Sex der Welt, beim Reenactment in der Realität furzt der Uniprofessor vor Nervosität und kommt in der Hose.

Warum dieser Paul plötzlich in den Träumen der Menschen erscheint, weiss niemand, am allerwenigsten er selber. Jedenfalls wird der nerdige Durchschnittstyp dadurch über Nacht berühmt. Die Studierenden, bislang zu Tode gelangweilt von seinen evolutionsbiologischen Vorlesungen, feiern ihn wie einen Popstar. Und ein Hipster-Start-up will den unverhofften Dreamfluencer verpflichten, um gleich in den Köpfen der Menschen zu werben: «All memes become dreams!»

Der norwegische Regisseur Kristoffer Borgli versteht sich darauf, unserer Gegenwart so unterhaltsam wie kompromisslos den Spiegel vorzuhalten. In «Sick of Myself» (2022) erzählte er von einer Frau, die sich deformiert, um gesehen zu werden. Auf die bitterböse Body-Horror-Satire über Selbstoptimierung und Social-Media-Narzissmus folgt jetzt mit seinem Hollywooddebüt «Dream Scenario» ein surreal angehauchter Trip über Influencertum und Cancel Culture.

Es dauert nicht lange, bis der Traum zum Albtraum wird. Bald metzelt Traum-Paul die Träumenden mit Hämmern und anderen Gerätschaften nieder. Aus Angst vor ihm – bei einer Konfrontationstherapie flüchten die Studierenden – wird der unschuldige Paul ganz real geächtet und verprügelt. Er soll der Theatervorführung einer seiner beiden Töchter fernbleiben, und auch seine Frau (Julianne Nicholson) wird aus einem beruflichen Projekt geworfen.

Als Jedermann mit Halbglatze trägt Nicolas Cage, dem das Zürcher Kino Xenix derzeit eine umfangreiche Retrospektive widmet, den Film mit zurückhaltend intensivem Spiel. Es hat etwas Doppelbödiges, wenn er, der selbst zu einem popkulturellen Meme avanciert ist, sich am Ende eine Realität wünscht, die es nicht mehr gibt.