Film: Schöner sterben

Nr. 50 –

Filmstill aus «The Room Next Door»
«The Room Next Door». Regie und Drehbuch: Pedro Almodóvar. Spanien/USA 2024. Jetzt im Kino.

Pedro Almodóvar, einst als Enfant terrible des europäischen Kinos für seine schrillen, antibürgerlich-progressiven Melodramen gefeiert, schraubt an seinem Spätwerk. Der heute 75-Jährige denkt spätestens seit «Dolor y gloria» (2019) über das Altern und die Endlichkeit nach. Darin spielte Antonio Banderas einen Regisseur, der als Almodóvars filmisches Alter Ego auf sein Leben und Schaffen blickt. In «The Room Next Door», in Venedig mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet, beschäftigt sich der spanische Regisseur nun mit dem Sterben.

Es ist Almodóvars erster langer Film auf Englisch. Julianne Moore und Tilda Swinton bilden darin eine Schicksalsgemeinschaft: Die schwer an Krebs erkrankte ehemalige Kriegsreporterin Martha (Swinton) bittet ihre alte Freundin Ingrid (Moore), eine Bestsellerautorin, sie bei ihrem geplanten Freitod zu begleiten. Die beiden Frauen verlassen New York und beziehen eine modernistische Villa, einen regelrechten Architekt:innentraum, um Marthas letzte Tage gemeinsam zu verbringen. Der Plan: Irgendwann wird die Kranke die im Darknet bestellte Todespille einnehmen, Ingrid werde es an der geschlossenen Schlafzimmertür merken.

Aus dieser Konfrontation mit der Endlichkeit macht Almodóvar eine für ihn typische stilvolle Reise: Die Farben knallen, und alles glänzt in hermetisch durchdesignter Finesse, während sich die Geschichte zwischen Leben, Tod und vor allem der Kunst entspinnt, zwischen Referenzen zu James Joyce’ Novelle «Die Toten» und den popkulturell vielzitierten Bildern Edward Hoppers.

Stilistisch mag «The Room Next Door», nach dem Roman «Was fehlt dir» von Sigrid Nunez, als audiovisuelles Kunstwerk überzeugen. Nur erzeugt diese Künstlichkeit eine grosse emotionale Distanz zum so intimen wie universellen Sujet. Und auch als distinguierte, filmisch-philosophische Reflexion erzählt der Film nicht wirklich etwas über das Sterben und den Freitod – ausser vielleicht, dass es für Privilegierte heilvoll sein kann, Frieden in der Kunst zu suchen.