Auf allen Kanälen: «Was habe ich davon?»

Nr. 8 –

Der erfolgreiche Podcast «Hoss und Hopf» steht seit Tagen im Kreuzfeuer der Kritik. Wie schlimm ist das Format wirklich?

stilisiertes Ausschnitt aus einem Youtube-Video-Thumbnail von Hoss & Hopf

Als «Schüler des Lebens» bezeichneten sich Kiarash Hossainpour und Philip Hopf in ihrer ersten Sendung im September 2022 und erklärten, dass sie in ihrem wöchentlichen Podcast über das Leben im Allgemeinen reden würden: «Wir philosophieren […]. Es kann Wirtschaft, Philosophie, Makroökonomie sein oder Politik.»

Dieses ungezwungene «Philosophieren» hat sich ausgezahlt: Der Podcast «Hoss und Hopf» gehört heute, nach über 140 Ausgaben, zu den meistgehörten Podcasts in Deutschland. Doch seit ein paar Tagen stehen seine Macher, der «Finfluencer» (Finanzinfluencer) Hossainpour – genannt Hoss – und der Finanzunternehmer Hopf, in der Kritik. «Einer der erfolgreichsten Podcasts impft unsere Kinder mit radikalem Gedankengut – und keiner kriegt’s mit», schrieb etwa das Magazin «Stern», die «Stuttgarter Zeitung» titelte: «Rechtslibertäre Videoschnipsel fürs Jugendzimmer». Kurz darauf sperrte Tiktok einen Kanal, der ihre Inhalte verbreitete: «wegen gefährlicher Falschinformationen und gefährlicher Verschwörungstheorien».

«Den Müll rausbringen»

«Werden wir bewusst von Medien wie ARD & ZDF manipuliert?», «So verschwendet Deutschland Milliarden Steuergelder!» oder «War die Corona Pandemie eine Lüge? Neue Daten!» – so lauten Titel von «Hoss und Hopf»-Sendungen. Hört man sich diese an, lernt man rasch: Deutschland ist nicht mehr, was es mal war. Die Gründe für den angeblichen Verfall: Natürlich die Flüchtlinge – Deutschland habe «mehr Flüchtlinge aufgenommen als alle anderen europäischen Länder zusammen. […] Wenn man es sich vorstellen möchte, reicht auch ein Blick in eine deutsche Fussgängerzone.»

Dann die Politik, weil sie angeblich die Steuergelder der Deutschen im Ausland verschleudere und nicht aufräume im eigenen Land. «Wenn man eine Gesellschaft gesund halten möchte, dann muss man den Müll regelmässig rausbringen. In unserer Gesellschaft wird das nicht gemacht», meint Hopf – deshalb plädiert er auch für die Todesstrafe. Und schliesslich die öffentlich-rechtlichen Medien, die keine unterschiedlichen Meinungen mehr zuliessen: «Diese Leute sprechen euch Zuhörern die Intelligenz ab.»

Meist starten Hossainpour und Hopf ihre Sendungen locker plaudernd, es geht kurz ums gesundheitliche Befinden und um tägliche Routinen (die sind ganz wichtig!) – kurz: um sie als Menschen. Die beiden betonen immer wieder, dass die Informationen, die sie verbreiten, auf gut recherchierten Fakten beruhten, dass sie das wiedergeben würden, was sie selbst oder ihr Umfeld sehen würden. Einfach mal die eigene Meinung sagen – das traue sich heute ja kaum mehr jemand. Dabei präsentieren sie sich als erfolgreiche Selfmademänner, die auch schon mal gescheitert sind und die zu ihren Fehlern stehen. Das kommt gut an in einer Gesellschaft, in der Individualismus immer grösser geschrieben, Solidarität dagegen von vielen verachtet wird.

Laut einer Recherche von «Deutschlandfunk Nova» verbreiten die beiden nur selten direkt falsche Zahlen und Daten, aber sie wählen «sehr selektiv die Informationshäppchen aus, die in ihre rechtslibertäre Sicht reinpassen, und die bieten sie ihren Zuhörern dann an». Und das seien eben die Häppchen, die die höchste Emotionalität und Polarisierung versprächen.

Hinzu kommt eine clevere Marketingstrategie: Hossainpour und Hopf rufen ihre Hörer:innen dazu auf, Kurzclips aus ihrem Videopodcast zu machen und diese dann auf den sozialen Medien zu streuen. Das ist erst einmal nicht unüblich. Neu ist jedoch, dass die beiden ihren Hörer:innen Geld dafür zahlen, was dazu führt, dass Tiktok, Instagram und Youtube regelrecht mit Filmchen geflutet werden. Damit werden die Hörer:innen als Verbreiter:innen zu einem aktiven Teil des Systems Hoss und Hopf.

Vermeintliche Kampagne

Ihre neuste Sendung trägt den Titel: «Wird unser Podcast bald zensiert?». Darin klagen sie eine angeblich gegen sie gerichtete Diffamierungskampagne an: Bestimmte politische Kreise würden verhindern wollen, «dass neue Ideen da reinkommen», gewisse Presseorgane seien offensichtlich nervös, meint Hopf.

Laut ihm gibt es übrigens nur eine Regel, der man folgen muss, um erfolgreich zu sein: Man müsse sich immer die Frage stellen: «Was habe ich davon?» Mit dieser Regel sind die beiden «Schüler des Lebens» bis jetzt erschreckend gut gefahren.