Von oben herab: König, reich, Schweiz

Nr. 11 –

Stefan Gärtner über Monarchie und Moneten

Es gibt ja diesen Schlager von Rio Reiser, in dem er sich ausmalt, «König von Deutschland» zu sein: «Ich würd’ die Krone täglich wechseln, würde zweimal baden / Würd’ die Lottozahlen eine Woche vorher sagen / Bei der Bundeswehr gäb’ es nur noch Hit-Paraden / Ich würd’ jeden Tag im Jahr Geburtstag haben» – eine Kinderfantasie letztlich, und das darf man sich gar nicht überlegen, dass hier derselbe Rio Reiser singt, der «Macht kaputt, was euch kaputt macht» sang und dem beim Texten gar nicht einfällt, dass der König von Deutschland, als imaginiert absoluter, ja das Glück für alle und nicht bloss wieder für sich selbst organisieren könnte. Aber wir wollen nicht humorlos werden, vier unvergessliche Zeilen sind ja drin: «Reinhard Mey wäre des Königs Barde / Paola und Kurt Felix wären Schweizer Garde / Vorher würd’ ich gern wissen, ob sie Spass verstehn / Sie müssten 48 Stunden ihre Show ansehn.» Das sterbenslangweilige Ehepaar Paola und Kurt Felix moderierte in den achtziger Jahren nämlich die sterbenslangweilige ARD-Fernsehshow «Verstehen Sie Spass?», denn so gut war die gute alte Zeit dann auch wieder nicht.

Reiser starb früh, und statt seiner krönte sich der gelernte Koch, leidenschaftliche Reichsbürger und nicht zuletzt wegen Körperverletzung verurteilte Peter Fitzek 2012 zum Oberhaupt des «Königreichs Deutschland» (KRD), wobei sich König Peter nicht als erster Diener seines Staates versteht, sondern, wie ein Rechercheteam von SRF nun dargelegt hat, als jemand, der weiss, wo der Barthel den Most holt. Denn das KRD bewegt seine Untertanen dazu, die heilige Sache mit zum Teil «Riesensummen» zu unterstützen, die über Schweizer Konten fliessen. 6000 Menschen sollen es sein, die dem Herrscher von Spottes Gnaden Geld spenden, «Esoterik-Seminare» (SRF) buchen und natürlich auch sehr gern in die reichseigene Krankenkasse einzahlen.

Die «Neue Zürcher Zeitung» hat ja gelegentlich die Ansicht vertreten, man solle die AfD nicht ausgrenzen und dem politischen Alltag die Möglichkeit geben, sie zu entzaubern, und in dieser Logik würde es Zeit, den Fitzek als König endlich anzuerkennen: Dann käme nämlich heraus, dass er als Monarch nichts taugt, sondern bloss ein egomaner Spinner mit Hang zum Materiellen ist, falls das nicht als ziemlich gute Voraussetzung für erfolgreiches Königsein gelten kann. König Charles muss sich aus dem Tagesgeschäft immerhin heraushalten und Willem-Alexander von Holland Buhrufe ertragen, wenn er in Amsterdam das Shoahmuseum einweiht, was die vielbeschworene «Freiheit für Palästina» sehr schön auf den Begriff bringt; König Peter hingegen hat sich nicht wegen illegaler Versicherungsgeschäfte und Urkundenfälschung verantwortet, um jetzt nicht durchregieren zu wollen, so wie es der letzte deutsche Kaiser getan hat, der ja auch König von Preussen war und keine grosse Lust hatte, sich von Politikern und Parlamenten reinquatschen zu lassen. Und darum erst Bismarck schasste und dann die «Persönliche Monarchie» errichtete, wie man bei seinem Biografen John C. G. Röhl auf einem guten Kilo Seiten nachlesen kann.

Die Biografie von Peter («King») Fitzek berührt die des Vorbilds immerhin da, wo in beiden Fällen Zweifel an der Kopfgesundheit bestehen, und so wie Fitzek «millionenteure Schlösser und Anwesen» (SRF) hat kaufen lassen, liess auch Wilhelm, kaum auf dem Thron, erst mal die eine oder andere Residenz renovieren. Doch während der Hollenzoller bei passender Gelegenheit keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche kannte, engagieren sich «mehrere Schweizer» laut SRF «bereits stark für das KRD» und soll das «Abzocksystem» nun auch in der Schweiz starten. Denn wie sang Rio: «Ich hätt’ 200 Schlösser und wär’ nie mehr pleite», und dass es bei der Monarchie letztlich bloss darum geht, soll man gar nicht ausschliessen.

Stefan Gärtner (BRD) war Redaktor bei der «Titanic» und ist heute Schriftsteller und «linksradikaler Satiriker» («Die Zeit»). An dieser Stelle nimmt er jede zweite Woche das Geschehen in der Schweiz unter die Lupe.

Sein Buch «Terrorsprache» ist im WOZ-Shop erhältlich unter www.woz.ch/shop.