Film: Kämpferin im Amazonas

Nr. 25 –

Filmstill: Claudia Andujar mit einer Fotokamera
«Die Vision der Claudia Andujar». Regie: Heidi Specogna. Schweiz / Deutschland 2024. Jetzt im Kino.

Die Fotos, die Claudia Andujar in den siebziger Jahren von den Yanomami im brasilianischen Regenwald machte, wirken heute noch schockierend direkt. In den Nahaufnahmen blicken Männer und Frauen, junge und alte, mit einem Stolz und einem Selbstbewusstsein in die Kamera, die jeden Verdacht des Voyeurismus zurückweisen. Ihre nackten, bemalten und geschmückten Körper, ihre Kultur gehören allein ihnen, scheinen diese Blicke zu sagen. Mit ihrer Nähe und Intimität bezeugen die Fotos auch das besondere Vertrauen, das bei ihrer Entstehung bestanden hat.

Im neuen Dokumentarfilm von Heidi Specogna rekapituliert die Fotografin ihren Lebensweg, der zu diesen Aufnahmen geführt hat. Andujar, als Claudine Haas 1931 in der Schweiz geboren und in Rumänien aufgewachsen, beschreibt eindrücklich ihre Prägung durch den Holocaust; ihr Vater war ungarischer Jude, fast seine gesamte Familie wurde ermordet. Als sie in den fünfziger Jahren nach Brasilien kam, ohne die Sprache zu beherrschen, fand sie mit der Fotokamera eine Möglichkeit der Kommunikation und zugleich einen Beruf. Die Serie über die Yanomami, die ihr als Künstlerin Weltruhm verschaffte, stand aber bereits im Kontext eines Engagements für die Rechte der indigenen Stämme.

Mit Archivaufnahmen aus dem brasilianischen Fernsehen dokumentiert Specogna, wie vehement sich Andujar in den letzten fünfzig Jahren für ein Schutzgebiet der Yanomami eingesetzt hat. Ihr Film beginnt mit aktuellen Aufnahmen aus dem Gebiet und dokumentiert zugleich, wie der einst erzielte Erfolg durch illegales Goldsuchen immer wieder untergraben wird. Im letzten Drittel zeigt der Film deshalb eine Art Stabübergabe: Specogna porträtiert drei junge Yanomami-Frauen, die soziale Medien wie Instagram nutzen, um etwa auf die zunehmende Belastung durch Quecksilber als Nebenprodukt des Goldschürfens aufmerksam zu machen. Wie sich Andujars Fotografie von den Selbstdarstellungen der jungen Influencerinnen von heute unterscheidet – über diese interessante Frage geht der Film dabei etwas schnell hinweg.