BVG-Reform: Zurück zum Absender!

Nr. 37 –

Überfrachtet, widersprüchlich, unverständlich: Die BVG-Reform, über die am 22. September abgestimmt wird, verdient eine klare Zurückweisung.

Am 22. September kann es eigentlich nur eine vernünftige Antwort geben: In den Kübel mit dieser Vorlage! Die Reform der Pensionskassen ist von der bürgerlichen Parlamentsmehrheit in ihrem Rentensenkungsfuror handwerklich unglaublich schlecht gemacht. Das lässt sich daran ablesen, dass auch ein Teil des Gewerbes die Reform wegen der höheren Lohnabzüge – zwei Milliarden Franken pro Jahr – als zu teuer bekämpft. Selbst die Pensionskassenverbände Interpension und Asip können nicht offen hinter der Reform stehen oder bloss halbherzig.

Die Vorlage ist überfrachtet, widersprüchlich und zumindest für Normalsterbliche in ihrer Wirkung auf die künftigen Renten kaum zu verstehen. Senkung des Umwandlungssatzes, Koordinationsabzug zugunsten von Tieflöhner:innen, Kompensationszahlungen für einen Teil der Übergangsgeneration – selbst mit den Begrifflichkeiten des BVG-Systems wissen viele nichts anzufangen. Wie also sollen sie rational entscheiden? Klar ist bloss: Die Pensionskassenrenten würden nach einem Ja insgesamt weiter sinken, so wie sie es seit Jahren tun. Seit 2002 sind sie um vierzig Prozent (!) in den Keller geschlittert. Wer nicht weiss, wer vor seiner Haustür steht, schlägt erst mal die Tür zu. Die Stimmbürger:innen haben das bereits 2010 getan, als ihnen Bundesrat und Bürgerliche weismachen wollten: Stimmt ihr der Senkung des Umwandlungssatzes, also tieferen Renten, nicht zu, versinken die Pensionskassen in Defiziten und brechen zusammen. Trotzdem gab es an der Urne ein klares Nein. Heute geht es den Pensionskassen blendend, sie haben mit unserem Geld inzwischen Reserven von 150 Milliarden Franken angehäuft.

Nach einem Nein wäre endlich über die Tabus im bürgerlichen Lager zu reden. An erster Stelle über die Versicherungen und Banken, die das angesparte Kapital der Versicherten (1,2 Billionen Franken) anlegen. Sie kassieren dafür fixe, ausgewiesene Gebühren (und verdeckte Transaktionskosten) – unabhängig davon, wie gut ihre Anlageperformance ist. Die bürgerliche Mehrheit und gut bezahlte parlamentarische Lobbyist:innen haben diese garantierten Gewinne bislang konsequent wider ihre eigene marktwirtschaftliche Ideologie geschützt. In welcher Branche weiss man schon Anfang des Jahres, wie viel Gewinn am Ende herausschaut?! Der Ökonom und Alt-SP-Nationalrat Ruedi Strahm hat ausgerechnet, dass Versicherungen und Banken allein für ihre Anlagedienste zwei Milliarden Franken an Gebühren zu viel kassieren – so viel wie die Versicherten neu an Lohnbeiträgen bezahlen müssten.

Wie man es besser macht, zeigt der norwegische Staatsfonds. Er verwaltet unter anderem die Pensionen der Norweger:innen. Bei aller berechtigten Kritik an dessen Investitionstätigkeit: Dort werden nicht nur weit höhere Renditen erwirtschaftet, die Verwaltungskosten machen zudem nur ein Zehntel derjenigen in der Schweiz aus.

Eine weitere Lehre, die die bürgerlichen Parteien aus einem Nein zu ziehen hätten, ist eine demokratiepolitische: Dann hätte das Stimmvolk der bürgerlichen Rentenpolitik auf fast ganzer Linie die rote Karte gezeigt (zuletzt wurde im Frühling die Rentenaltererhöhungsinitiative mit 75 Prozent Nein-Anteil abgelehnt). Wenn 2026 eine neue AHV-Reform ins Parlament kommt, muss dieses Verdikt respektiert werden.

Schliesslich müsste das bürgerliche Lager auch die verlogene Haltung bezüglich der Lohnprozente ablegen: Bei der Finanzierung der 13. AHV-Rente reden die Bürgerlichen von Verteuerung der Arbeit und wollen die Rente mit Sparübungen und Mehrwertsteuern finanzieren – in ihrer BVG-Reform hingegen haben sie mit höheren Lohnprozenten keine Probleme.

Ein Nein am 21. September bietet die Chance für Vorsorgereformen, die diesen Namen verdienen: keine tieferen, sondern höhere Renten. Die Mittel wären vorhanden. Wenn man sie nicht an die Finanzindustrie verschleudert, sondern den Versicherten gutschreibt.