Boomende Branche: Gewalt im Namen der Sicherheit

Nr. 47 –

Der private Sicherheitsmarkt lockt auch Schweizer Investor:innen an. Mittendrin die Partners Group aus Baar, die viel Geld in den skandalgeschüttelten Securitygiganten G4S steckt.

vermummter G4S-Sicherheitsmann in Boston
Global brutal und von der Schweiz aus mitfinanziert: G4S-Sicherheitsmann in Boston. Foto: Stan Grossfeld, Getty

In der Schweiz ist das Unternehmen G4S praktisch unbekannt. Dabei handelt es sich gemäss eigener Darstellung um die grösste private Sicherheitsfirma der Welt, die in über neunzig Ländern tätig ist, insbesondere in Afrika, wo das im englischen Crawley ansässige Unternehmen über 120 000 Mitarbeitende beschäftigt, etwa in der Verwaltung privater Gefängnisse. Im Schweizer Markt jedoch konnte G4S bislang nicht Fuss fassen, er wird noch immer von den beiden Anbietern Securitas und Protectas dominiert.

Gemäss der Plattform «Future Market Insight» beträgt der aktuelle Wert des globalen privaten Sicherheitsmarkts über 247 Milliarden US-Dollar, in zehn Jahren soll er bei 351 Milliarden liegen – ein stetig und rasant wachsender Markt. In vielen Ländern, auch in der Schweiz, ist die Zahl der Mitarbeiter:innen privater Sicherheitsfirmen mittlerweile höher als jene der Polizist:innen. Kein Wunder, ist eine Firma wie G4S, die vor drei Jahren für 3,8 Milliarden Pfund vom US-amerikanischen Sicherheitskonzern Allied Universal übernommen wurde, für Finanzdienstleister attraktiv. Und folgt man der Spur des Geldes, landet man am Ende doch auch in der Schweiz. Genau genommen in Baar, wo das auf Private Equity spezialisierte Unternehmen Partners Group sitzt. Der 149 Milliarden US-Dollar schwere Finanzverwalter sorgte jüngst für Schlagzeilen, weil seine Gründer die Kompass-Initiative mitlanciert haben, die eine dynamische Übernahme von EU-Recht verhindern will (siehe WOZ Nr. 41/24).

Misshandlungen im Jugendgefängnis

So glänzend die Gewinnaussichten sein mögen, so gibt es auch eine dunkle Seite im Bereich der privaten Sicherheit – Fälle von Korruption, Missbrauch und Menschenrechtsverletzungen. Und wie kaum eine an0dere Firma aus der Branche steht G4S für diese Seite. Als besonders problematischer Bereich erweist sich dabei die Verwaltung privater Gefängnisse. Sowohl in Grossbritannien, 2018 in Birmingham, wie auch in Südafrika, 2013 im Mangaung-Gefängnis in der Provinz Free State, brachen derart grosse und gewaltvolle Unruhen aus, dass zwischenzeitlich der jeweilige Staat die Kontrolle übernehmen musste. Besonders verstörend sind diverse Enthüllungen der BBC oder des «Guardian» aus den zehner Jahren, die weitverbreitetes Fehlverhalten von G4S-Wärter:innen in Jugendgefängnissen dokumentierten: Missbrauch, Gewaltanwendungen, Zwangsmassnahmen sowie Fälschung und Vernichtung von Dokumenten.

Menschenrechtsorganisationen kritisierten immer wieder heikle Aufträge von G4S. Vor zehn Jahren etwa unterzeichnete der Sicherheitsdienstleister einen millionenschweren Vertrag für verschiedene Dienstleistungen in Guantanamo Bay, dem berüchtigten US-Gefangenenlager im Südosten Kubas. Ebenso kritisch sahen diverse NGOs die 2007 begonnene Zusammenarbeit von G4S mit der israelischen Gefängnisbehörde, die unter anderem auch die Lieferung von Ausrüstung, Dienstleistungen und Wartungsarbeiten für alle Gefängnisse und Kontrollpunkte im Westjordanland vorsah.

Erst letzte Woche enthüllte eine internationale Recherchekooperation, an der auch die WOZ beteiligt war, dass im Südosten Kenias gravierende Vorwürfe gegenüber G4S-Wachpersonal im Raum stehen: Dieses bewacht im Auftrag einer kenianischen Tochter des Schweizer Zementkonzerns Holcim ein brachliegendes Grundstück – offenbar mit brachialen Methoden. Anwohner:innen berichten von Schlägen und scharfen Hunden, von denen sie beim Holzsammeln vom Gelände vertrieben würden (siehe WOZ Nr. 46/24).

Kein Kommentar von der UBS

Grosse institutionelle Anleger haben in jüngerer Vergangenheit wegen der anhaltenden Skandale rund um G4S ihre Investitionen zurückgezogen. Seit 2019 etwa steht der Sicherheitsdienstleister auf der schwarzen Liste des norwegischen Staatsfonds, des weltweit grössten seiner Art, wegen «systematischer Menschenrechtsverletzungen» gegen Arbeiter:innen in Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Seit wenigen Wochen hat auch die Pensionskasse der niederländischen Grossbank Rabobank den Ausstieg aus dem wichtigsten Fonds des G4S-Mutterkonzerns Allied Universal beschlossen.

Die Partners Group aus Baar investiert derweil über 100 Millionen Franken in Allied Universal und hält mit acht Prozent eine beträchtliche Minderheitsbeteiligung. Die Firma weist auf Anfrage jegliche operative Verantwortung für die G4S-Übernahme von sich, die Partners Group sei kein Treiber gewesen. Zu den anhaltenden Skandalen rund um G4S antwortet das Private-Equity-Unternehmen: «In unserem gesamten Portfolio spielen Menschenrechte eine entscheidende Rolle sowohl während der Due-Diligence-Prüfung als auch in den Monitoring- und Engagement-Phasen.» Der Respekt vor Menschenrechten als grundlegendes Element stehe bei den Geschäftstätigkeiten im Vordergrund, «und wir erwarten dies auch von unseren Portfoliounternehmen». Eine etwas andere Rolle spielt auch ein weiteres Schweizer Finanzinstitut: Die Credit Suisse, mittlerweile von der UBS geschluckt, ist offiziell als «finanzieller Berater» von Allied United gelistet. Was das genau bedeutet, wie das Mandat vergütet ist und ob weitere Beteiligungen bestehen, bleibt unbeantwortet. «Kein Kommentar», lautet die Antwort der UBS-Pressestelle.