Film: Abschied von einem Kaufhaus

Als bekannt wurde, dass der Immobilienkonzern Swiss Prime Site das Kaufhaus Jelmoli an der Zürcher Bahnhofstrasse aufgibt, war die Bestürzung gross. Nächstes Jahr ziehen dort Büros ein, aber auch das Warenhaus Manor, das 2020 von seiner Toplage verdrängt wurde. Auf der Jelmoli-Website findet ein Inventarverkauf statt – es herrscht Groundingstimmung, lokal begrenzt.
Mit dem Dokumentarfilm «Jelmoli. Biografie eines Warenhauses» kommt nun auch noch ein Nachruf in die Kinos. Am Anfang steht die Erfolgsgeschichte des italienischen Bauernsohns Giovanni Pietro Guglielmoli, der sich in Zürich Johann Peter Jelmoli nennt und hier im grossen Stil Textilien verkauft. 1899 eröffnet sein Sohn das allererste Kaufhaus an der Bahnhofstrasse.
Unternehmen wie Jelmoli erinnern uns an die Moderne als Heimat des Aufbruchs, an den Markt als dauerhaftes Idyll. Doch der Film von Sabine Gisiger schwelgt nicht in Gründerzeitkitsch. So thematisiert Gisiger auch die landesweite antisemitische Hetze gegen Kaufhäuser in den 1930er Jahren, die dazu beitrug, dass die damaligen jüdischen Eigentümer:innen das Unternehmen an die Verlegerfamilie Ringier verkauften. Auch die späteren Besitzverhältnisse von Jelmoli zeichnet der Film genau nach: 1977 verkaufte eine Grossbank, die 2023 ihrerseits betrauert wurde, das Kaufhaus an die Union Trading Company, eine der grössten kolonialen Warenhandelsgesellschaften der Welt.
Die kolonialen Bildwelten, die Jelmoli in der Werbung und speziell in den «Weissen Wochen» bediente, in denen aufwendig für Weisswaren geworben wurde, bleiben nicht ausgespart. Sensationell ist die Geschichte von Nana Konadu Agyeman-Rawlings: Mitte der 1970er Jahre arbeitete sie eineinhalb Jahre bei Jelmoli, wo sie als Schwarze Frau ertragen musste, wie Kund:innen ihre Haare anfassten – 1981 sollte sie die First Lady von Ghana werden. So werden Firmengeschichte und die Verästelungen der Kulturgeschichte elegant zu einem sehenswerten Film ausbalanciert, der mehr ist als ein Abgesang.