Sachbuch: Das IfS und die Frauen

Was Philipp Lenhard und Jörg Später mit ihren Monografien zur Geschichte des wirkmächtigen, 1923 von Felix Weil gegründeten Instituts für Sozialforschung (IfS) und der Frankfurter Schule bereits anhand einzelner Biografien ausgeführt haben, wird nun in einem neuen Sammelband mit dem Titel «Im Schatten der Tradition» vertieft und um zahlreiche Details erweitert: Frauen waren keine unbedeutenden Randfiguren in der Geschichte des IfS, also «nur» Sekretärinnen oder Ehefrauen, sondern im Gegenteil in hohem Mass an der Institutsarbeit beteiligt. Sie wurden allerdings systematisch ausgeblendet, vergessen oder nur in Fussnoten erwähnt.
Ausnahmslos alle Beiträge sind gut geschrieben, bieten viel Wissenswertes und fügen der bislang bekannten Geschichte des IfS von den 1920er bis in die 1980er Jahre in systematischer Weise Neues hinzu. Die bisher weitestgehend «androzentrische Geschichtsschreibung» wird so entscheidend erweitert. Deutlich wird, dass das Institut über alle seine Phasen hinweg auch ein Ort geschlechtertheoretischer Diskussionen und feministischer empirischer Forschung war. Besonders hervorzuheben sind die Artikel über Käthe Leichter, Else Frenkel-Brunswik sowie über Elisabeth Lenk und ihre Diskussion mit Theodor W. Adorno über das Konzept der Avantgarde. Auch die in den siebziger und achtziger Jahren am IfS durchgeführten Studien zur Frauenarbeit und deren konzeptioneller Bedeutung werden eingehend vorgestellt und so dem Vergessen entrissen.
Abgerundet wird dieser Glücksfall eines rundum gelungenen Sammelbands mit einem Gespräch des aktuell am Institut bestehenden Arbeitskreises «Gender, Kinship, Sexuality», in dem über das Verhältnis von kritischer Theorie und Feminismus nachgedacht wird.