Klaus Schwabs Rücktritt: Ein Schweizer Märchen

Nr. 18 –

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Ein Whistleblower, der finanzielle Unregelmässigkeiten und manipulierte Studienresultate ans Tageslicht bringen will. Eine vom Stiftungsrat eingeleitete Untersuchung gegen Klaus Schwab, den eigenen Vorsitzenden. Klageandrohungen und Erpressungsvorwürfe in die Gegenrichtung – und schliesslich ein abrupter Rücktritt.

Am Ostermontagmorgen ist bekannt geworden, dass sich das Weltwirtschaftsforum (Wef) endgültig seines Gründers und Patrons entledigt hat. Bereits seit letztem Sommer weiss man dank US-Medienberichten, dass beim Wef mit seinen fast tausend Angestellten mitunter eine abgründige Unternehmenskultur herrscht und dass auch Mitglieder der Schwab-Familie darin keine gute Rolle gespielt haben.

Nun haben die jüngsten Geschehnisse nicht nur eine mediale Aufarbeitung, sondern auch das Ringen um die Deutungshoheit losgetreten. Dabei wird aufseiten der Redaktionen im Land ein gewisser Schutzreflex spürbar: Bei aller nüchternen Kritik an Schwab wird auch das Bild einer von Groll und Intrigen befeuerten Palastrevolution gezeichnet, der er zum Opfer gefallen sei. Als würde befürchtet, dass nicht nur dem 87-Jährigen, sondern mit ihm gleich der ganzen Schweiz der Gesichtsverlust drohe.

Das kommt kaum von ungefähr. Mit seinem Wirtschaftsforum hat Klaus Schwab ein halbes Jahrhundert lang an jener Geschichte gesponnen, mit der sich das Land so gerne brüstet: an der Geschichte eines Kapitalismus mit menschlichem Antlitz, in dem eine Volkswirtschaft dank Fleiss, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit ihren verdienten Lohn einfahre. Linken Protest gegen das geballte Machtgebaren hat das Wef in Davos gern polizeilich auf Distanz gehalten – aber gleichzeitig auch vereinnahmt, indem es sich aus Schlagworten wie «Nachhaltigkeit» und «Inklusion» ein dünnes progressives Mäntelchen bastelte.

In diesem wiederum fand die internationale Rechte in den letzten Jahren ein willkommenes Feindbild. Nun wird sich zeigen, welche Geschichte das Wef nach Schwabs Abgang weitererzählen wird – und wie sich die Schweiz darin einzurichten gedenkt.