Muslimische Grabfelder: Stimmungsmache statt letzter Ruhe

Nr. 21 –

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Dass es knapp war, ist ein schwacher Trost: Mit 131 Stimmen Unterschied hiess die Stimmbevölkerung der Thurgauer Kleinstadt Weinfelden vergangenen Sonntag ein Referendum gegen das neue Friedhofsreglement gut. Dieses hätte neu muslimische Bestattungen ermöglicht: ein etwas längeres Grab, Ausrichtung nach Südosten, ohne Sarg. Statt der ewigen Grabesruhe, die der Islam vorsieht, wären die Gräber nach zwanzig Jahren geräumt worden, sie hätten ausserdem nicht ausschliesslich Muslim:innen, sondern Menschen aller Glaubensrichtungen zur Verfügung gestanden.

Es wäre ein kleiner Schritt gewesen, den rund vierzig Gemeinden in der Schweiz schon vor Jahren problemlos hinter sich gebracht haben – einer, der dem verfassungsmässig garantierten Recht auf Religionsfreiheit nachgekommen und der Lebensrealität der 1200 Weinfelder:innen muslimischen Glaubens gerecht geworden wäre. Das Stadtparlament war sich denn auch fast einig: Mit 24 zu 4 Stimmen hiess es das neue Reglement letztes Jahr gut, selbst die örtliche SVP sprach sich dafür aus.

Doch eine kleine Gruppe aus rechten und religiösen Hardlinern (darunter der «SVP-Asylchef» Pascal Schmid) ergriff das Referendum und argumentierte mit der «säkularen Ordnung» – ausgerechnet, finden sich in der Gruppe doch christliche Fanatiker, die Gott über alles stellen. EDU-Kantonsrat und Komiteemitglied Peter Schenk etwa nutzt Politik laut seiner Website dafür, «unserem Heiland die Ehre zu geben», beklagt, dass keine Kreuze mehr in Schulzimmern hängen würden, und meint, es stünden «zu wenige Christen an der Front». Dazu mischte das Egerkinger Komitee, die SVP-Spezialistenstelle für das Schüren antimuslimischen Hasses, den Wahlkampf auf: Es machte mit von Falschinformationen gespickten Flyern Stimmung, suggerierte, wo muslimische Gräber seien, sei die Scharia nicht weit. Nach Minaretten und Burkas hat sich das Komitee also die Grabesruhe als das nächste politische Kampffeld ausgesucht, man spricht bereits von der «nationalen Strahlkraft» der Abstimmung.

Weinfelden als Test für die Egerkinger Eiferer: Immerhin, eben vielleicht doch, war es knapp. Was in Weinfelden gerade noch so funktioniert, hat sonst wohl kaum Chancen.