Sachbuch: Gegen künstliche Verdummung

Nr. 23 –

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Buchcover von «Etwas Besseres als der Optimismus»
Guillaume Paoli: «Etwas Besseres als der Optimismus». Fröhliche Wissenschaft Band 244. Verlag Matthes & Seitz. Berlin 2025. 112 Seiten.

Ob Klimawandel oder Durchmarsch der Rechtsextremen: Zu den beliebtesten Kalendersprüchen der Gegenwart gehört der Hinweis, man solle seine Zuversicht nicht verlieren. Ganz anderer Meinung ist der Berliner Philosoph Guillaume Paoli, der mit «Etwas Besseres als der Optimismus» eine Ode an die politische Skepsis geschrieben hat.

Paoli knüpft damit an sein grandioses Buch «Geist und Müll» (siehe WOZ Nr. 34/23) an, für das er im vergangenen Jahr mit dem Günther-Anders-Preis ausgezeichnet wurde. Der neue Essay beruht auf seiner Preisrede, und Paoli wirbelt darin erneut mit Witz und hoher Geschwindigkeit durch die Philosophiegeschichte. Seine Ausgangsthese lautet dabei, dass Optimismus – also die Vorstellung, die Dinge würden sich schon irgendwie zum Besseren wenden – zu den dümmsten ideologischen Versprechen der Gegenwart gehört.

Lautete seine Aufforderung im letzten Buch «Mehr Apokalypse wagen», so plädiert Paoli diesmal ganz im Sinne von Walter Benjamins «Jetztzeit» dafür, weniger an die Zukunft als an die Gegenwart zu denken. Das bedeutet für ihn vor allem, sich den technischen Fortschrittserzählungen zu widersetzen. In einem Kapitel über «Maschinenmenschen, sprechende Affen und künstliche Verdummung» erläutert er, was er für ein Kernproblem kapitalistischer Moderne hält – nämlich die «völlige Vertauschung von Original und Modell», wie er schreibt: «Nicht der Automat ist eine Nachahmung des Menschen, sondern der Mensch eine Verkörperung des Automaten.»

Ganz so technikfeindlich, wie es hier klingt, ist das vermutlich nicht gemeint. Dem 1959 in Frankreich geborenen Situationisten dürfte es eher darum gehen, an jene Haltung anzuknüpfen, die er schon als Aktivist der «Glücklichen Arbeitslosen» propagierte: Menschliche Emanzipation gibt es nicht auf den Gleisen des gesellschaftlichen Fortschritts, sondern sie erwächst aus der Verweigerung gegenüber den Verhältnissen. Das aus den siebziger Jahren stammende Plädoyer am Ende des Buches hat nichts an Bedeutung verloren: «Macht euch unberechenbar.»