USA: Tödliche Politik
Das am vergangenen Freitag in den USA beschlossene Haushaltspaket wird dazu führen, dass in den kommenden Jahren viele Menschen sterben. Weil sie ihre Krankenversicherung verlieren und sich Behandlungen nicht mehr leisten können. Weil Spitäler und Altersheime schliessen und so zunehmend Versorgungswüsten entstehen. Weil sich die Kürzungen beim Wetterdienst und Katastrophenschutz auf Warnsysteme und Hilfseinsätze auswirken. Weil medizinischen Laboren das Geld für Forschung fehlt und sich Krankheiten schneller ausbreiten. Weil Geflüchtete in Länder abgeschoben werden, in denen ihr Leben bedroht ist. Weil die Militarisierung der Polizei immer weitergetrieben wird und Gefängnisse gefüllt werden sollen. Weil das Ende der Entwicklungshilfe die Existenz von vierzehn Millionen Menschen bedroht. Weil die US-Armee mehr Geld zur Verfügung hat.
Donald Trump will, dass wir von der «Big Beautiful Bill» sprechen. Man sollte alleine aus journalistischem Selbstrespekt vermeiden, diesen Namen zu übernehmen. Die linke Autorin und Aktivistin Astra Taylor nennt es «Debt, Deportation and Death Bill», was die Konsequenzen des Gesetzespakets präziser beschreibt: Schulden, Abschiebungen und Tod. Wobei, wenn es um Schulden geht, das um mehrere Billionen US-Dollar wachsende Staatsdefizit ruhig zu vernachlässigen ist. Die USA haben als Leitwährungsnation mächtigen Spielraum. Es geht vielmehr um die durch dieses Gesetzespaket auf Generationen hinaus produzierten gesellschaftlichen Notstände. Man muss nur die Aufgabe jeglicher Klimaschutzmassnahmen bei gleichzeitiger Entfesselung der fossilen Produktion betrachten, um die irreversiblen Verheerungen zu verstehen.
Als Donald Trump 2015 die politische Bühne betrat, setzte er sich vom Feld der anderen republikanischen Präsidentschaftskandidat:innen ab, indem er US-Amerikas «endlose Kriege» verurteilte und Kürzungen beim Sozialstaat ausschloss. Sein Auftritt als Retter des «kleinen Mannes» war von Anfang an von Heuchelei durchzogen, weil er Steuererleichterungen für Reiche durchsetzte und die Kriege schlicht im Inland führen liess: gegen Immigrant:innen, trans Menschen und alle, die bei «Make America Great Again» nicht mitgemeint sind. Zehn Jahre später ist die populistische Inszenierung vollends entleert.
Rund elf Millionen US-Amerikaner:innen könnten durch die nun beschlossenen Kürzungen aus Medicaid, der Krankenkasse für arme Menschen, fliegen. Von den Steuererleichterungen profitieren weiterhin in erster Linie Spitzenverdiener:innen und Grosskonzerne. Die USA sind an Israels Kriegsverbrechen in Gaza direkt beteiligt und werfen über dem Iran und dem Jemen Bomben ab. Trump setzt den US-amerikanischen Imperialismus fort, seine Politik ist rechter Klassenkampf von oben. Ein klassischer Republikaner, wenn man so will. Nur faschistoider, noch antidemokratischer.
In Trumps Programm entfaltet sich das, was der kamerunische Philosoph Achille Mbembe als «Nekropolitik» bezeichnet hat: eine Herrschaft über Leben und Tod. Manche können zur Ärztin, andere nicht. Manche geniessen den Rechtsstaat, andere nicht. In einem Land, in dem Extremwetter zunehmen, während Hilfsinfrastrukturen abgebaut werden, bleiben nicht viele Menschen von der Nekropolitik verschont. Laut der «New York Times» wären die Überflutungen in Texas in der vergangenen Woche, bei denen über hundert Menschen starben, womöglich anders ausgegangen, hätte es vorher nicht die extremen Staatskürzungen gegeben. Während Milliarden um Milliarden US-Dollar in das Abschieberegime fliessen, fehlt es in wichtigen Behörden an Personal.
«Desasternationalismus», so nennt der nordirische Autor Richard Seymour die apokalyptische Politik von Trump und anderen Neufaschist:innen. Katastrophen wird nicht entgegengewirkt, sie werden instrumentalisiert. Mehr Abschottung, mehr Überwachung, mehr Repressionen. Unter diesen Umständen wird es für viele Menschen in den USA bis zur nächsten Präsidentschaftswahl in dreieinhalb Jahren insbesondere um eine Sache gehen: das Überleben.