Grüne in Deutschland: Robert lässt die Leinen los

Nr. 35 –

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Robert Habeck ist Germanist, Buchautor, Politiker und Meister der salbungsvollen Kommunikation. Er müsse Abstand zum Korsett des Berliner Politikbetriebs gewinnen, sagte er der «taz», «um erst einmal wieder zu empfangen und nicht gleich weiter zu senden». Folgerichtig, dass der wohl innigst geliebte und zugleich intensivst gehasste deutsche Politiker nun das Ende seiner politischen Laufbahn verkündete.

Habeck, damals noch Wirtschaftsminister, war im Winter als Kanzlerkandidat der Grünen mit einem zentristischen Kurs in den Wahlkampf gezogen, doch die Partei blieb weit hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Den Einzug in den Bundestag per Direktmandat verpasste Habeck, auf die Rolle als Hinterbänkler hat er nun verständlicherweise keine Lust.

Zum Abschied zeigte er ungewohnte Seiten, indem er in der «taz» heftig austeilte. Insbesondere Julia Klöckner – tatsächlich wandelnde Mahnung daran, dass vieles an der Ampelregierung schlimm, aber doch nicht alles gänzlich würdelos war – bekam ihr Fett ab: Die Bundestagspräsidentin hatte zum Christopher Street Day Regenbogenfahnen am Parlament untersagt, zugleich netzwerkt sie mit rechtspopulistischen Medienmachern. Zu spät, meinte die «Süddeutsche», habe der Grüne erkannt, dass ein Politiker bisweilen auch wie ein «Preisboxer» auftreten müsse.

Zweifellos hat Habeck recht, wenn er analysiert, dass die Rechte Kulturkämpfe schürt, um damit die soziale Frage aus dem Blick zu rücken. Warum aber suchte er dann eben noch mit denen, die einem zunehmend verrohten Kapitalismus das Wort reden, das Bündnis? Klöckner, ihr CDU-Kollege Jens Spahn oder auch CSU-Chef Markus Söder äussern sich nicht erst seit gestern so, wie sie es heute tun.

Nun also der nächste Karriereschritt, der Habeck unter anderem als Dozent nach Berkeley führen wird. «Ich gehe jetzt komplett ins Offene und lasse die Leinen los. Und ich merke, wie ich wieder Luft unter die Flügel bekomme.» Man kann sich leicht ausmalen, wie weich die Knie der Habeck-Ultras angesichts dieses Schwulstes werden. Ihnen wird er fehlen.