Zollstreit: In wessen Team?

Nr. 47 –

Diesen Artikel hören (4:20)
-15
+15
-15
/
+15

Zuerst trugen fünf Schwerreiche eine Rolex-Tischuhr und einen Goldbarren ins Weisse Haus und richteten huldvolle Worte an US-Präsident Donald Trump. Dann schob der Bundesrat die Zusicherung von 200 Milliarden Dollar Direktinvestitionen von Schweizer Firmen in den USA hinterher, billigte den Import von Monstertrucks und Chlorhühnern und verzichtete – souveränitätspolitisch der tiefste Bückling – auf die Einführung einer Digitalsteuer für US-Techkonzerne.

So weit der Preis im Zollstreit, damit die USA im Gegenzug den Satz für Importe aus der Schweiz von 39 Prozent auf immer noch hohe 15 Prozent senken. Als die Einigung letzte Woche verkündet wurde, herrschte in Bern anfänglich Erleichterung, die aber rasch in Entrüstung umschlug. Auch bürgerliche Politiker:innen bezeichnen die Vereinbarung als Diktat, als Erpressung gar. Und auch wenn aus der Abmachung noch ein Abkommen geschmiedet werden und dieses die Beratung im Parlament und ein mögliches Referendum überstehen muss, ist der Schaden bereits angerichtet. «In der Art und Weise, wie die Vereinbarung zustande kam», so sagt es SP-Kopräsidentin Mattea Meyer, «zeigt sich eine bemerkenswerte Geringschätzung der demokratischen Regeln.»

Tatsächlich kennt Donald Trump nur eine Regel: dass für ihn keine gilt. Gerne als transaktional bezeichnet, folgt seine Aussenpolitik der kurzfristigen Abwägung von Kosten und Nutzen. Bilaterale Absprachen sollen rasche Erfolge bringen, universelle Normen und internationale Organisationen hingegen missachtet er. Bluff, Druck und Erpressung sind die Werkzeuge seiner Politik, informelle Absprachen und effektheischende «Deals» ihr Ausdruck. Das Recht des Stärkeren wird zum globalen Ordnungsprinzip erhoben. Kleine und mittlere Staaten geraten zwangsläufig in die Bredouille.

Und doch wäre es ein grober Fehler, Trumps Handelspolitik bloss als Auseinandersetzung zwischen Nationalstaaten zu begreifen. Der Begriff «Team Switzerland», mit dem die PR-Stäbe im Bundeshaus die Zusammenarbeit der Regierung mit Konzernchefs im Zollstreit beschönigen, ist dabei besonders irreführend. Wenn schon, dann spielen Milliardäre wie Donald Trump und Alfred Gantner, der die Geschenke zuvorderst ins Oval Office trug, in der gleichen Mannschaft. Team Switzerland? Team Oligarchie trifft den Sachverhalt besser. Vermögende münzen ihre wirtschaftliche Macht in politischen Einfluss um.

Wie Trump will Partners-Group-Mitbesitzer Gantner, dessen Investitionsmodell auf das kurzfristige Aufhübschen unterbewerteter Firmen zielt, möglichst keine wirtschaftliche Regulierung. Dass Gantner zugleich Trump schmeichelt, während er mit der Kompass-Initiative die neuen bilateralen Abkommen der Schweiz mit der EU bekämpft, passt ins Bild. Denn um was geht es im Grundsatz bei den Bilateralen III? Um ein Verfahren bei der Übernahme von EU-Gesetzen in der Schweiz sowie ein Vorgehen bei Streitfällen, um die Regelung von Regeln also. Unabhängig davon, was man von einzelnen EU-Richtlinien hält, sind die Bilateralen ein Beispiel für eine Aussenwirtschaftspolitik, die auf Recht und Demokratie baut – und im Gegensatz zur US-Zollpolitik nicht auf Macht und Kapital allein.

Immerhin besteht die Hoffnung, dass das oberste Gericht der USA die Zollwillkür global noch stoppen könnte. Der Supreme Court berät derzeit, ob das Handelsdefizit der USA tatsächlich ein wirtschaftlicher Notstand sei, wie Trump behauptet. Spätestens wenn es dies verneint, wird es höchste Zeit, dass die Schweiz ihre Aussenwirtschaftspolitik nicht weiter auf Privatiers wie Gantner ausrichtet und damit einer trumpschen Logik folgt, in der Politik, Wirtschaft und Familie vermischt werden.

Auch das oft zitierte «Durchwursteln» als bewährte helvetische Strategie ist im Übrigen nichts anderes als eine bequeme Ausrede. Die Schweizer Regierung sollte sich in diesen autoritären Zeiten besser für demokratische Aushandlungen, das internationale Recht stark machen: offensiv statt duckmäuserisch.