Das uniformierte Gewaltpotenzial am Weltwirtschaftsforum (Wef): «Das haut Sie schon um»

Die geplante Demonstration gegen das Wef in Davos wird eine militärisch-polizeiliche Grossübung. Die Demo-OrganisatorInnen wollen eine Konfrontation vermeiden.

«Einige hundert Polizeikräfte» aus der ganzen Schweiz werden am Samstag in und um Davos eingesetzt, bestätigt der Bündner Polizeisprecher Alois Hafner. Wie viele genau, will er nicht sagen. «Der Gegner soll nicht wissen, ob wir stark genug sind.» Die Schätzungen bewegen sich zwischen 1200 und 2000 schweizerischen PolizistInnen. 75 deutsche aus Bayern und Baden-Württemberg werden sie mit sechs Hochdruckwasserwerfern unterstützen. «Das haut Sie schon um, wenn Sie davon getroffen werden», lacht der Sprecher des Stuttgarter Innenministeriums. Der Info-Chef des Festungswachtskorps (FWK), Daniel Reist, koordiniert den Einsatz von Armeeangehörigen: Maximal 1500 Milizsoldaten könnten mobilisiert werden, über 1200 seien bereits eingeteilt, um mit Sturmgewehr bewaffnet die «Infrastruktur» im Prättigau zu bewachen. Um den Personenschutz der ausländischen PolitikerInnen kümmern sich 320 Berufssoldaten des FWK – ausgerüstet mit Pfefferspray, Schlagstock und Maschinenpistolen. Das Fest der Uniformen und Waffen, das aus Anlass der Anti-Wef-Demonstration stattfinden wird, soll insgesamt 13,5 Millionen Franken kosten.
Ob und wie viele DemonstrantInnen überhaupt nach Davos kommen, ist jedoch fraglich. Für jene aus dem Ausland werden die Schweizer Grenzen zur ersten Hürde. Anlässlich des Wef 2001 hatte der Dienst für Analyse und Prävention (DAP), die eidgenössische Staatsschutzzentrale, gegen 300 Personen eine Einreisesperre erwirkt. Wie viele es dieses Jahr sein werden, will DAP-Vize Jürg Bühler nicht bekannt geben. Bereits im Dezember war man bei über 100 angelangt. Voraussetzung für eine solche Massnahme, so Bühler, seien «hinreichend konkrete Anhaltspunkte über die Gewaltbereitschaft der Person. Einschlägige Verurteilungen sind natürlich die besten Hinweise, aber es gibt auch andere Anhaltspunkte.» Im Klartext: Blosse Verdachtsmeldungen ausländischer Polizeidienste reichen aus. Über deren Inhalt werden die Betroffenen nichts erfahren, denn in Staatsschutzdaten gibt es kein Einsichtsrecht. Damit ist auch die rechtliche Gegenwehr faktisch ausgeschlossen.
Das eigentliche Nadelöhr hat die Polizei auf halber Strecke zwischen Landquart und Davos eingerichtet. Die Rhätische Bahn fährt die DemonstrantInnen zunächst nur bis Fideris. An einem provisorischen Perron sollen die Fahrgäste aussteigen und sich in eine mit zwei Meter hohen Gittern umzäunte Zone begeben, die von Sondereinheiten der Genfer Polizei bewacht wird. Das Gelände kann nur durch eine der zwanzig Schleusen verlassen werden. Zürcher Flughafenpolizisten werden dort alle Personen zunächst per Metalldetektor kontrollieren. Wenn der Detektor piept, werden auch Taschen oder Bekleidung durchsucht. Gefahndet wird nach Waffen oder als gefährlich eingestuften Gegenständen.
Den Schluss des Filters bildet eine Gesichts- und allenfalls Personenkontrolle durch szenekundige Beamte. Die sollen jene herausfischen, die nach dem neuen Artikel 8a der Bündner Polizeiverordnung mit einem Aufenthaltsverbot belegt wurden. Auch dafür reicht der blosse staatsschützerische Verdacht. Die Bündner Polizei – so Bühler – trage die Verantwortung, könne sich aber auf Informationen des DAP und der Kantonspolizeien stützen.
Die Sozialdemokratische Partei befürwortet in einer Pressemitteilung die «zwar lästigen, aber offenbar nötigen» Gepäckkontrollen. Das seien «minimale Zugeständnisse an die Sicherheit». Das Oltner Bündnis, das die Demonstration in Davos angemeldet hat, sowie die Gewerkschaften GBI und Smuv kündigten am Dienstag dagegen an, diesen Kessel schon allein aus Gründen der Verantwortung und Sicherheit für die DemonstrantInnen nicht betreten zu wollen. Wenn die Polizei nicht auf diese Selektion verzichte, werde man nach Landquart zurückkehren und dort demonstrieren. Eine Konfrontation mit der Polizei wolle man auf jeden Fall vermeiden.