Indonesien: Der Boden wird zu heiss: Keine Liebesgrüsse aus Jakarta

Die Angriffe der USA auf Afghanistan verlangen von der neuen Regierung Indonesiens, der Nation mit dem weltweit grössten muslimischen Bevölkerungsanteil, einen politischen Spagat. Einerseits ist das Land seit dem blutigen Militärputsch von Suharto 1965/66 ein treuer Vasall Washingtons und Nutzniesser massiver westlicher Wirtschafts- und Militärhilfe. Zum anderen haben die verschiedenen muslimischen Organisationen, darunter auch radikale mit Verankerung im Militär, seit dem Ende der Ära Suharto im Sommer 1998 Aufwind bekommen. In den letzten Tagen kam es in den Städten, vor allem in der Metropole Jakarta, wiederholt zu gewalttätigen Anti-USA-Demonstrationen und Protestkundgebungen vor der britischen Botschaft. US-Botschafter Robert Gelbard hat mit anderen Botschaftsangehörigen Jakarta verlassen. Die indonesischen Streitkräfte, so Gelbard, böten keine Sicherheitsgarantie mehr.

Radikale Organisationen wie die Islamische Jugendbewegung, Laskar Jihad (Jihad Paramilitärische Kraft), Laskar Pembela Islam (Paramilitärische Kraft zur Verteidigung des Islam) und die Laskar Mujahidin Indonesia (Paramilitärische Kraft der indonesischen Mujaheddin) haben mit gewaltsamen Aktionen gedroht. Laskar Jihad, erst Anfang des Jahres 2000 in Erscheinung getreten, tritt besonders martialisch auf. Ihr knapp vierzigjähriger Führer Ustas Ja’far Umar Thalib, Enkel eines jemenitischen Händlers und ausgebildet in Pakistan mit kurzer Kampferfahrung in Afghanistan, brüstet sich, über eine Gefolgschaft von mittlerweile 10 000 Mann zu verfügen. Seine Truppe war innerhalb der vergangenen anderthalb Jahre massgeblich an der Tötung von über 5000 Menschen auf den Molukken beteiligt. Was Laskar Jihad besonders gefährlich macht, sind ihre Verbindungen zu aktiven und pensionierten Militärs, die sich ihrerseits als Suharto-Loyalisten verstehen. «Wird ein Afghane verletzt oder getötet», erklärte kürzlich Handrian Syah, einer der Laskar Jihad-Kommandeure, «werden wir amerikanische Waren boykottieren. Werden zwei Afghanen getötet, werden wir die Amerikaner aufspüren, die in Indonesien leben. Sind es mehr, dann wird die US-Botschaft zerstört.»