30 Jahre LMd: Zum 30. Geburtstag …

Le Monde diplomatique –

Grafik zu 30 Jahre «Le Monde diplomatique»: ein Pinguin und eine Katze halten Luftballons auf denen ein Vogel sitzt

30 Jahre LMd

Zum 30. Geburtstag von Le Monde diplomatique empfiehlt die Redaktion fünf Texte zum Wiederlesen.

Niels Kadritzke: Seit 2001 hat LMd immer wieder die „rechtliche Enthemmung“ thematisiert, die im Gefolge von 9/11 den ganzen Westen erfasst hat. Der eindrücklichste Text dazu erschien im März 2005 unter dem Titel „Entführt, verhört, versteckt“. In seiner „unheimlichen Geschichte“ zeichnete Stephen Grey das Schicksal angeblicher „Terroristen“ nach, die von der CIA entführt, in Folterzentren im Nahen Osten verhört und am Ende in das berüchtigte Lager Guantanamo verfrachtet wurden.

Katharina Döbler: Die deutlichste Würdigung von Chiles Diktator Augusto Pinochet, die ich je gelesen habe, stammt von Luis Sepúlveda, dem großen Erzähler der Legenden und Zeuge der politischen Kämpfe Lateinamerikas. „Ohne Sang und Klang“ in LMd vom Januar 2007 war ein Nachruf, dessen Mitgefühl dem geplünderten Chile galt und der die Hinterleute und Geheimkonten einer Marionette mit fünf Zentimeter erhöhter Schirmmütze würdigte. Ein Nachruf, wie man ihn sich für alle Autokraten wünscht.

Dorothee D’Aprile: Wann immer ich lese, dass Museen sich weigern, Ausstellungsobjekte zurückzugeben, die in der NS- oder Kolonialzeit geraubt wurden, muss ich an den Text „Was unsere Museen nicht erzählen“ von Bénédicte Savoy denken, der im August 2017 in LMd erschien. Ein Jahr später wurde die Provenienzforscherin von Präsident Macron beauftragt, Empfehlungen zur Restitution afrikanischer Kulturgüter in französischen Museen zu erarbeiten.

Jakob Farah: Als im Dezember 2010 der so genannte Arabische Frühling begann, hatte ich meine Arbeit bei LMd gerade erst begonnen. Von den vielen Texten, die wir zu diesem Thema publiziert haben, ist mir vor allem der des algerischen Schriftstellers Kamel Daoud in Erinnerung geblieben: „Ein Gemüsekarren und ein Haufen Asche“, erschienen im März 2012. Darin ergründet Daoud mit der ihm eigenen sprachlichen Intensität, warum die Revolution in Algerien ausgeblieben war.

Anna Lerch: Seit anderthalb Jahren sieht die Welt zu, wie Israel im Gazastreifen Kriegsverbrechen begeht, womöglich gar einen Genozid. Dass die Bundesregierung dazu Waffen und rhetorische Schützenhilfe liefert, macht mich häufig wütend, verzweifelt, hilflos. Im Juni 2024 erschien Charlotte Wiedemanns Text „Auf der Suche nach Palästina“. Sie berichtet darin von Treffen mit Aktivist:innen der binationalen Initiative „A Land for all“, die Gleichheit für alle zwischen Jordan und Mittelmeer fordern. Es ist eine radikale Utopie. Unrealistisch? Vielleicht. Aber mir hat der Artikel damals etwas Hoffnung zurückgegeben.