Literatur: Im Land der Finsternis

Nr. 39 –

Das Erlebte lässt sich nicht besiegen: Neige Sinnos autobiografischer Roman «Trauriger Tiger» legt die Systematik familiärer Gewalt offen – und versucht, ihrer Logik zu entkommen.

Portraitfoto von Neige Sinno
Schreiben als «Waffe, um sich dem Undenkbaren zu stellen»: Neige Sinno. Foto: Isabella De Maddalena, Laif

Warum ein Buch, das den Abgrund der jahrelangen Vergewaltigung eines Kindes auslotet, mit dem Porträt des Vergewaltigers beginnen? Neige Sinno hat auf die Frage der Moderatorin im Literaturhaus Zürich Anfang September eine Antwort zur Hand, die klarmacht, dass sie mit ihren Leser:innen – und damit möglicherweise ebenfalls Gewaltbetroffenen – einen Pakt eingeht: Sie wolle nicht, dass jemand beim Lesen ihres Buches durch die schwer auszuhaltende Gewalt überrascht werde. Wer «Trauriger Tiger» liest, soll von Beginn an wissen, worum es geht. Gewiss hat Sinnos Entscheidung auch damit zu tun, mit dem Täter gleich denjenigen an den Anfang stellen zu wollen, der die alleinige Verantwortung für das Geschehene trägt.

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