Serie: Eine etwas andere Apokalypse

Nr. 20 –

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Still aus der Serie «Eternauta»: eine Person mit Gasmaske
«Eternauta». Buch und Regie: Bruno Stagnaro. Argentinien 2025. Netflix. Staffel 1 (6 Folgen).

Draussen strahlt der Frühling, in der argentinischen Serie «Eternauta» fällt derweil giftiger Schnee vom Himmel. Wer mit den Flocken in Berührung kommt, fällt tot um. Buenos Aires gefriert zur Geisterstadt – die Strassen voller Leichen und ineinander verkeilter Autos. Ein Blackout hat nicht nur die Lichter der Skyline ausgeknipst, sondern gleich alle Stromschaltkreise zerstört.

Diesen ersten Horror überlebt hat ein zusammengeworfenes Grüppchen in einem Haus mit Autowerkstatt, was sich noch als hilfreich erweisen wird. Einer wagt sich schliesslich nach draussen, geschützt durch einen alten Tauchanzug. Auf seinen Streifzügen trifft er auf weitere Überlebende – und auf riesige Blechkäfer, die Jagd auf Menschen machen.

Dieser Mann mit Tauchmaske – der «Eternauta» – ist in Südamerika eine Ikone. Die Serie ist die Verfilmung einer gleichnamigen Graphic Novel von Héctor Germán Oesterheld aus den fünfziger Jahren. Als Argentinien nach dem Militärputsch 1976 zur Diktatur wurde, ging Oesterheld in den Widerstand, schrieb aber auch seinen Science-Fiction-Comic weiter und machte «Eternauta» so zur Parabel über das Leben in einem totalitären System. Dies bezahlte er mit seinem Leben: 1978 verschwand er, wie Zehntausende andere, in den Gefängnissen und Folterkellern des Regimes, seine Frau suchte den Rest ihres Lebens nach ihm.

Die Geschichte ihres Erfinders gibt der Serie eine zusätzliche Tiefe: Die tödliche Alieninvasion ist Sinnbild für die Hölle der Diktatur, aber auch für Familien, die auseinandergerissen werden. Rätselhafte Déjà-vus verweisen auf die Endlosschlaufen von Zeitreisen, aber auch auf die Ausweglosigkeit eines Alleingangs gegen eine Terrorherrschaft.

«Eternauta» wirkt weniger stromlinienförmig als andere Netflix-Serien, ist auch ästhetisch sorgfältiger gestaltet und gemächlicher erzählt. Die drohende Apokalypse ist nicht einfach Sprungbrett für Actionszenen und Heroismus, sie bricht in die Seelen der Menschen ein, formt ihre Gesichter und Gestalten. Nur beim Cliffhanger am Ende hat man sich ganz an die US-Vorbilder gehalten.