Gebauter Populismus: Als ob es ein Recht auf schlechten Geschmack gäbe
Wildwuchs von Einfamilienhäusern, Ressourcenverschwendung, eine Landschaft im Dienst des Bauens: In Österreich sind die Folgen rechter Nachhaltigkeitspolitik dramatisch – auch wenn die FPÖ sich gern als «Heimatschutzpartei» geriert.

Es ist eine wohlwollende Sicht auf Land und Leute, die in der österreichischen Bundeshymne zum Ausdruck kommt: Von einem «Volk, begnadet für das Schöne» ist in der ersten Strophe die Rede. Doch baukulturell betrachtet, kann diese Einschätzung freilich nur mit Blick auf die Vergangenheit unwidersprochen bleiben. Denn was sich heute in Österreich landauf, landab an gebauter Scheusslichkeit und ignoranter Verunstaltung findet, deutet vielmehr auf eine kollektive ästhetische Abstumpfung hin. Gut, Gewerbehallen und Supermärkte schauen nicht nur in der Alpenrepublik unsäglich banal aus. Aber deren Bauherren geht es auch nicht um Dauerhaftes oder gar Repräsentatives, sondern um Kostenminimierung – auf Kosten des Stadt- und Siedlungsbilds. Dagegen ist von den eineinhalb Millionen Einfamilienhäusern in Österreich ein jedes geradezu ein Lebenswerk, in das oft ein Vermögen fliesst.
Und was verraten die Hunderttausenden Eigenheime aus den letzten drei, vier Jahrzehnten über ihre Erbauer:innen? Dass vielen der Gedanke an so etwas wie Einheitlichkeit oder Einordnung in ein Siedlungsgefüge völlig abhandengekommen ist. Vielmehr geht es darum, sich von allen anderen zu unterscheiden, der eigenen Individualität baulichen Ausdruck zu verleihen – ja sich selbst in Ziegel oder Beton zu verwirklichen. Aedifico, ergo sum – ich baue, also bin ich! Die Kommunen haben längst damit aufgehört, den «Häuslbauern» irgendetwas vorzuschreiben. Als ob es ein Recht auf schlechten Geschmack gäbe – und auf seine bauliche Manifestation.