SVP: Kuscheln mit Gewaltverbrechern

Am Wochenende war Parteitag der SVP in Küssnacht, Kanton Schwyz. Das weiss man, auch wenn man es eigentlich nicht wissen will, denn es sind ausführliche Betrachtungen zu diesem Parteitag erschienen. Rapportiert wurde etwa die Erzählung des Parteichefs Marco Chiesa, wonach angeblich zwei Bewohner aus dem Asylzentrum Chiasso durch seinen Garten geschlichen seien und nach diesem Vorfall Geld in seinem Auto gefehlt habe.

Egal, was daran stimmt und was nicht, Marco Chiesa kann erleichtert sein. Es hätte auch eine wirklich kriminelle Person sein können, die durch seinen Garten gewildert war. Sein Wägitaler Parteikollege Bernhard Diethelm etwa. Wobei sich dieser vorzugsweise nicht am Geld anderer, sondern an Frauen vergreift. Diethelm, Kantonsrat in Schwyz, frommer Kirchenschreiber und während der Pandemie von der NZZ zum «Wortführer der konservativen Kernschweiz» erkoren, hat 2021 in Zürich eine Sexworkerin misshandelt. Nun wurde er vom Zürcher Bezirksgericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe von acht Monaten und einer Geldbusse von 120 Tagessätzen zu 100 Franken verurteilt. Die Anklage lautete auf sexuelle Nötigung, versuchte Vergewaltigung, Gefährdung des Lebens, mehrfache Körperverletzung, verbotene Pornografie. Nach dem heutigen Teilschuldspruch steht fest: Diethelm hat die Frau gewürgt und geschlagen. 

Ausgeschlossen aus seiner Partei ist Bernhard Diethelm immer noch nicht. Warum auch? Gerade in der Schwyzer Sektion tummelt und tummelte sich allerlei zweifelhaftes Personal. Diethelm selber hatte einst als Jungpolitiker einen verurteilten Holocaustleugner in einem Leserbrief gelobt, ohne dass ihm das zum Schaden gereicht hätte. Sein Wägitaler Orts- und Parteikollege Manuel Z. musste die SVP hingegen verlassen, nachdem er auf Facebook Deutschland einen «neuen Onkel Dolf» gewünscht hatte. Ebenfalls nicht mehr Teil der Schwyzer SVP-Kameradschaft ist Simon S., der 2019 nach einem Überfall von Neonazis auf einen antirassistischen Protest in Schwyz gehen musste. Auslöser des Protestes war eine Gruppe als Ku-Klux-Klan an der Fasnacht im sympathischen Bergkanton gewesen.

Noch immer Teil der SVP Schwyz ist allerdings Kantonsrat Roland Lutz. Unlängst landete der IT-Unternehmer aus Einsiedeln in den Schlagzeilen der Lokalzeitung «Bote der Urschweiz», weil er seiner eigenen Firma einen Auftrag zur Erörterung des Lehrer:innenmangels im Kanton zuschanzen wollte. Lutz ist als Erziehungsrat auch zuständig für das Schwyzer Schulwesen, was mit den sonstigen Interessen des Mannes nicht besonders gut korrespondiert. Er war Mitglied einer Band namens «Tyte Stone».* Stellvertretend für das Œuvre der Band der Text aus dem Song «Kuchimesser»:

«A Judabuab muas drunder lida / Wills vergässa hend, ihn z beschnida / I find är sött nüm truurig si / Zum Glück han i mis Messer drbi.»

Roland Lutz fand gegenüber dem «Blick» einmal, das sei doch alles nur Spass an der Provokation. Kein Grund zur Aufregung für die SVP in Schwyz. Dass am nationalen Sonderparteitag in Küssnacht dann laut «NZZ am Sonntag» auch noch ein Neonazi von der «Jungen Tat» im Publikum sass und applaudierte? Nicht der Rede wert.

Die neue, alte Normalität in der SVP, wo sich alle wohlfühlen: auch Rechtsextreme und Gewaltverbrecher.

*Nachtrag vom 4. Juli 2023: Roland Lutz erklärt zu den Vorwürfen, er sei seit 2019 nicht mehr Mitglied der Band Tyte Stone und das Lied «Kuchimesser» sei nicht von ihm geschrieben worden, dazu in einer Phase, als er nicht Mitglied der Band gewesen sei.