Eigentlich ist die Sache simpel: Es gibt in diesem Land sehr viel bebaute Fläche, sehr viel Infrastruktur, auch im Berggebiet. Und es gibt, oft nur wenige Kilometer entfernt, gut erhaltene, vielfältige Landschaften. Nun braucht es neue Solaranlagen, um vom Atomstrom und von fossilen Energieträgern wegzukommen. Wo sollen sie hin?
«Auf die Dächer, nicht in die Natur!»: Mit diesem Slogan haben die Walliser Grünen und Umweltverbände am Sonntag mit rund 54 Prozent Nein die Abstimmung gegen das kantonale Solardekret gewonnen. Grüne wie die Grossrätin Brigitte Wolf betonten, sie seien nicht per se gegen Freiflächensolaranlagen. Doch im Dekret fehlten Kriterien zur Standortwahl: Auch intakte Landschaften sollten verbaut werden dürfen. Zudem sollte die Kantonsregierung direkt die Baubewilligungen erteilen. Das ist demokratiepolitisch fragwürdig.
uf die Dächer, nicht in die Natur: Die Walliser Abstimmung zeigt, dass das viele so sehen. Auch im Raum Bern, wo Kritiker:innen der geplanten Solaranlage beim Flughafen den Verein Natur Belpmoos gegründet haben. Im Bundeshaus ist diese Botschaft nicht angekommen: Am Montag hat der Nationalrat die Solarpflicht bei Neu- und Umbauten aus dem Mantelerlass des Energiegesetzes gekippt. In der Praxis ändert das kurzfristig wenig – auch ohne Pflicht ist die Nachfrage nach Fotovoltaik auf Hausdächern hoch. Dennoch ist der Entscheid symptomatisch für eine Parlamentsmehrheit, die Privatinteressen über fast alles stellt. Nur keine Einschränkungen für Hauseigentümer:innen – lieber zerstört man Gemeingüter wie Alpen und Flüsse. Noch ist der Mantelerlass nicht zu Ende beraten, doch voraussichtlich wird auch der Auenschutz torpediert. Und mit dem ebenfalls am Montag beschlossenen Autobahnausbau stellt der Nationalrat den Klimaschutz ganz generell infrage.
Das grüne Walliser Nein ist ein Statement gegen eine hektische, unsorgfältige, von Profitinteressen getriebene Politik, die sich als Klimaschutz tarnt. Auch wenn man es im Bundeshaus nicht hören will: Die Forderung «Auf die Dächer, nicht in die Natur» wird nicht verschwinden.