Hollywood: Streiken zahlt sich aus
Zuletzt blieb nur noch Galgenhumor: «Alles ist eingefroren», schrieb ein befreundeter Regisseur, der mit seiner Familie in Los Angeles lebt. «Ich lass mich jetzt dann auch einfrieren und werde mich wieder auftauen, wenn man wieder arbeiten kann.»
Ein Kälteschlaf wie in «Alien» oder «Avatar»? Das wird jetzt nicht mehr nötig sein. In der Nacht auf Donnerstag erklärte die US-Schauspielgewerkschaft SAG-AFTRA, die über 160 000 Berufsleute vertritt, den Streik der Schauspieler:innen nach 118 Tagen für beendet. Zum Deal, auf den sich die Delegation der SAG-AFTRA mit dem Verband der grossen Studios, TV-Sender und Streamingplattformen geeinigt hat, ist noch nicht viel bekannt, zudem müssen der Vorstand und die Mitglieder der Gewerkschaft dem Abkommen noch zustimmen. Doch die SAG-AFTRA hat bereits verkündet, dass man den Medienkonzernen höhere Mindestlöhne und erstmals auch Gewinnbeteiligungen an Streamingerträgen abgerungen habe.
In den letzten Tagen soll es vor allem noch um die genauen Formulierungen zum wichtigsten Streitpunkt gegangen sein: den Einsatz von künstlicher Intelligenz, etwa bei der Nutzung schauspielerischer Rohdaten. Auch hier, so meldet die SAG-AFTRA, habe man die Konzerne zu strengen Auflagen verpflichten können. Bereits im September hatte die Gewerkschaft der Drehbuchautor:innen nach 146 Tagen Streik einen vergleichbaren Durchbruch erzielt, was Streaminggewinne und die Nutzung von künstlicher Intelligenz betrifft.
Milliardenkonzerne wie Disney und Netflix liefern sich beim Streaming seit Jahren einen erbitterten Verdrängungskampf. Dabei haben sie zu lange so spekuliert, als ob die Arbeit der Kreativen bei dem ganzen Streamingboom kein Faktor wäre – zumal neue Technologien dereinst einen guten Teil dieser Arbeit übernehmen könnten. Die Erfolge der beiden US-Gewerkschaften sind deshalb wegweisend – aber sie mussten teuer erkauft werden. Wenn in Hollywood ein halbes Jahr nicht gedreht wird, leiden auch andere Branchen, die von der Filmindustrie abhängig sind, bis hin zum Gastgewerbe. Das Statement der SAG-AFTRA zum Ende des Streiks schliesst deshalb mit einem Dank an weitere Berufsverbände, die sich mit den Kreativen solidarisch gezeigt hatten: «Wir werden für euch da sein, wenn ihr uns braucht.» Eine Ansage, ein Versprechen.
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