Frauen an die Seitenlinie!
18 Mannschaften spielen in der deutschen Fussball-Bundesliga, 2 davon werden von Männern namens Thomas trainiert, 0 haben eine Frau im Trainerteam. Seit gestern ist das anders: Das sympathische Union Berlin gab die Trennung vom ebenso sympathischen Urs Fischer bekannt. Als Nachfolge wurde ad interim ein Trainerduo aus dem Nachwuchs hochgezogen: einerseits Marco Grote, der mit Marco Rose, dem Trainer von RB Leipzig, die Marcos auf eine Stufe mit den Thomassen bringt, und als Ko-Trainerin Marie-Louise Eta, die erste Frau in einem Trainerteam in sechzig Jahren Bundesliga.
Es dauerte nicht lange, und schon äusserte sich der erste Fussballmann so deplatziert, dass sogar die «Bild-Zeitung» von einer peinlichen Attacke sprach: Der Spielerberater Maik Barthel schrieb auf X (ehemals Twitter) «Bitte nicht noch den Deutschen Fussball der lächerlichkeit Preisgeben». Um den deutschen Fussball muss man sich wohl weniger Sorgen machen als um die Gross- und Kleinschreibung von Barthel. Der Spielerberater stellte dazu noch die rhetorische Frage, ob ein Ko-Trainer denn nicht auch mal in die Kabine müsse. Mittlerweile hat er seinen Post auf dem sozialen Netzwerk gelöscht.
Auch das deutsche Fussballmagazin «Kicker» bekleckerte sich nicht mit Ruhm. Der Artikel über die erste Frau in der Bundesliga verweist schon im ersten Absatz auf ihren Mann, der ebenfalls Trainer ist und diese Woche seinen Job in der vierthöchsten Liga verloren hat. «Wer ist die 32-Jährige, deren Mann diesen Montag beurlaubt wurde?», fragte demnach das Blatt. Nun: Marie-Louise Eta war deutsche Nationalspielerin, gewann drei Mal die deutsche Meisterschaft und ein Mal die Champions League, bevor sie mit 26 Jahren als Spielerin zurücktrat und Trainerin wurde. In diesem Frühjahr schloss sie die höchste Trainer:innenausbildung ab, wurde für den Trainer:innenstab des U-19-Teams von Union Berlin engagiert und wird von dort nun also in die Bundesliga befördert.
Dass eine Frau Teil eines Trainerteams in der Topliga wird, ist ein kleines, aber hoffnungsvolles Zeichen dafür, dass frauenfeindliche Ressentiments auch im Fussball irgendwann keinen Platz mehr finden werden. Dass man auf diese Nachricht bis ins Jahr 2023 warten musste, zeigt allerdings vor allem, wie weit der Weg noch ist.
WOZ Debatte
Loggen Sie sich ein und diskutieren Sie mit!
LoginSpenden
Hat Ihnen dieser Text gefallen? Hat er Ihnen geholfen, Ihre Haltung zum Thema zu schärfen, oder hat er Sie vortrefflich provoziert? Und was ist Ihnen das wert? Unabhängiger Journalismus ist auf einen Beitrag vieler angewiesen.
Einen Betrag spenden
Kommentare