Mit nur einer Gegenstimme und bei vier Enthaltungen sprach sich der Ständerat letzte Woche für die Freigabe von 300 Millionen Franken an den sogenannten BMVI-Fonds aus. Die Abkürzung steht für «Border Management and Visa Policy Instrument» und ist die kaum bekannte Geldkammer der europäischen Migrationspolitik: Der insgesamt sechs Milliarden Euro schwere Fonds finanziert nationale Grenzschutzbehörden sowie den Ausbau von Migrationsdatenbanken und der Grenzschutzagentur Frontex. Finanziert wird der Fonds von sämtlichen EU-Staaten sowie den Schengen-assoziierten Ländern – darunter die Schweiz.
Ein Blick auf das Vorgängerprojekt «ISF-Grenze» gibt eine Vorstellung davon, was hier mit Steuergeldern finanziert wird: Trotz gut dokumentierter Menschenrechtsverletzungen durch Grenzschutzbehörden in Malta und Griechenland erhielten diese Millionenbeträge für den Ausbau ihres Grenzschutzes. Kroatien bekam 2018 Geld, um Hunde und Fahrzeuge für seine Einheiten zu beschaffen. Ende 2020 schilderten Migrant:innen gegenüber dem Border Violence Monitoring Network, wie sie nach dem Grenzübertritt in Kroatien von Hunden gejagt und attackiert und anschliessend von Beamt:innen misshandelt worden seien.
Die einzige Partei, die das Geschäft im Nationalrat ablehnte, war die SVP. Sie forderte, die Mittel seien für den nationalen Grenzschutz einzusetzen. Die SP teilt mit, dass sie für die parlamentarische Schlussabstimmung von nächster Woche noch keine Parole gefasst habe. Es sei keine einfache Entscheidung, weil die SVP mit ihrer Position «flächendeckende Grenzkontrollen in der Schweiz provozieren» wolle. Im Dezember hörte sich das noch anders an: Die SP stehe hinter dem Grundgedanken des Fonds, sagte Nationalrätin Priska Seiler Graf. Anders die Grünen: Sie enthielten sich grossmehrheitlich.
«Sagt das Parlament Ja, antworten wir mit Nein», schreibt unterdessen das Bündnis «Bewegungsfreiheit für alle» und führt die Möglichkeit eines Referendums ins Feld. Auf einer eigens dafür eingerichteten Website läuft eine Art Vorabklärung: Interessierte geben an, wie viele Unterschriften sie beisteuern können. Das Referendum werde lanciert, wenn bis am 15. März genügend Zusagen vorlägen, sagt Annika Lutzke, Sprecherin des Bündnisses. Derzeit seien 15’000 Unterschriften versprochen.
Grünen-Nationalrätin Marionna Schlatter kann den Aufruf inhaltlich verstehen – und blickt trotzdem mit Skepsis auf die Referendumsidee. Zu gross sei die Gefahr, dass man in einem Abstimmungskampf der SVP die Deutungshoheit überlasse. Annika Lutzke sieht das anders: «Was es braucht, ist die Bereitschaft von vielen Menschen, sich gegen dieses gewaltvolle Regime zu organisieren.» Das Referendum könne auch ein erster Schritt dazu sein, Strukturen zu stärken, die sich dem Migrationsregime im Alltag entgegenstellten.
In der WOZ vom kommenden Donnerstag erscheint eine umfassendere Version dieses Artikels.
Kommentare
Kommentar von Manuel123
Do., 07.03.2024 - 16:54
Aussichtslos, glücklicherweise