KI-Film: Ein Terminator auf Schlaftabletten?

Dieser Shitstorm traf den falschen. Ende Juni hätte Erfolgsregisseur Peter Luisi («Bon Schuur Ticino») die Kinopremiere seines neusten Films feiern wollen. Gedreht hatte er diesen in England, weshalb er für die Premiere das altehrwürdige Prince Charles Cinema in London gemietet hatte. Doch nach Reklamationen in den sozialen Medien zog das Kino seine Zusage zurück. Grund für die heftigen Proteste: Das Drehbuch stammt nicht von Luisi selbst, sondern von Chat GPT. «The Last Screenwriter» ist der erste Langspielfilm, dessen Drehbuch von einer künstlichen Intelligenz geschrieben wurde (siehe WOZ Nr. 11/24).

Irgendwie absurd: 2023 liessen sich die grossen Konzerne erst durch die monatelangen Streiks zweier Berufsverbände dazu bewegen, den Einsatz von künstlicher Intelligenz in der Filmindustrie zu regulieren – aber wenn jetzt ein Autor und Regisseur die ominösen neuen Möglichkeiten auf eigenes Risiko einfach mal selber ausprobiert für einen nichtkommerziellen Film, der Fragen über kreative Arbeit in Zeiten von Chat GPT aufwirft, fängt er sich einen Shitstorm ein.

Luisi stellt den Film nun einfach gratis ins Netz, wie er das sowieso vorgesehen hatte. Wobei ihm die gecancelte Premiere in London sicher nicht geschadet hat. Das mediale Echo war jedenfalls enorm, mit Schlagzeilen im «Guardian», im «Daily Telegraph» und im Branchenmagazin «Screen». Die «Times» wiederum fand in ihrer Filmkritik deutliche Worte über das Drehbuch von Luisis neuem Kreativpartner: «ChatGPT 4.0 ist offensichtlich ein Trottel, und er schreibt mit so viel Elan wie der Terminator auf Schlaftabletten.»

Dabei ist die Ausgangsidee gar nicht blöd. «The Last Screenwriter» handelt von einem gefeierten Drehbuchautor (Nicholas Pople), der feststellen muss, dass ein Chatbot besser schreibt als er selbst. Metafiktion! Ironischerweise vermag der Film diese Prämisse in keiner Weise zu stützen – weil er so schlecht geschrieben ist. Das Drehbuch, das Chat GPT aufgrund von Luisis Prompts erstellt hat, liefert vor allem eine Parade von Klischees, die fast in jeder Szene bis zum Gehtnichtmehr wiederholt werden: Gute Geschichten haben Herz und Seele, und Maschinen können viel, aber sie haben kein Herz und keine Seele. Fast wieder lustig, wie Chat GPT so penetrant die menschliche Kreativität feiert und dabei nur Plattitüden bis zum Abwinken produziert. Was zu beweisen war?

«Beunruhigend gut», sagt der Autor im Film einmal, nachdem sein persönlicher Chatbot ein ganzes Drehbuch ausgespuckt hat. Nun ja. Wenn «The Last Screenwriter» ein Gradmesser sein soll, muss man sagen: noch lange nicht.

«The Last Screenwriter». Ab 5. Juli auf www.lastscreenwriter.com.