Hoffnung für Bangladesch
Die jüngsten Massenproteste in Bangladesch, angeführt von Studierenden, haben zu einem politischen Erdbeben im südasiatischen Land geführt. In den vergangenen fünfzehn Jahren wurden Freiheitsrechte systematisch ausgehöhlt, doch die wochenlangen, landesweiten Proteste, bei denen über 400 Menschen ihr Leben verloren, zeigen nun dennoch ihre Wirkung. Überraschend ist Premierministerin Scheich Hasina (76) am Montag ins benachbarte Indien geflohen. Ihr fehlte sowohl der Rückhalt in der Bevölkerung als auch die Unterstützung des einflussreichen Militärs, um ihr Amt weiterführen zu können. Nun keimt im Land die Hoffnung auf eine Rückkehr zur Demokratie auf.
Unterdessen wurde das Parlament aufgelöst, und das Militär hat die Einsetzung einer Übergangsregierung versprochen. Dies sind erste Schritte in Richtung demokratischer Erneuerung. Doch das Land mit 170 Millionen Einwohner:innen muss zur Normalität zurückfinden und eine chaotische Gewaltspirale verhindern, in der sich das Militär als Retter inszenieren könnte. Gleichzeitig wächst die Angst unter der hinduistischen und der christlichen Minderheit, dass islamistische Kräfte an Einfluss gewinnen könnten.
Sowohl eine Militärregierung als auch der Aufstieg islamistischer Gruppen wäre ein harter Schlag für die Protestierenden. Die Bewegung begann als Studierendenprotest gegen die Wiedereinführung von Quoten für Angehörige von Veteranen des Unabhängigkeitskriegs von 1971 für Stellen im öffentlichen Dienst, fand jedoch schnell Unterstützung in breiten Teilen der Bevölkerung. Es ging um mehr als nur unfaire Quoten: Die Unzufriedenheit mit der autoritären Regierung Scheich Hasinas, die nicht länger als Garantin für wirtschaftliches Wachstum und Stabilität im Land galt, mündete in den Ruf nach ihrem Rücktritt. Dieses Ziel wurde erreicht. Nun steht die Bewegung an einem Scheideweg. Ihr Erfolg hängt nicht nur von den Protestierenden ab, sondern auch von den Entscheidungen des Militärs. Dringend nötig sind nun schnelle, demokratische Wahlen, die der jungen Bevölkerung eine echte Wahl bieten.