Die Rad-WM in Zürich erreicht am kommenden Wochenende mit den Strassenrennen der Frauen und Männer ihren Höhepunkt. Stadt und Umland versetzt sie aber schon seit Wochen in eine von aussen betrachtet schwer nachvollziehbare wütende Erregung.
Talk auf Radio 1, eben war Thomas dran – «Danke für deine Meinung!» –, jetzt ist David aus Meilen in der Leitung: «Grüezi mitenand! Meine Meinung ist einfach, die Stadt Zürich ist für solche Anlässe, die wir zig Mal im Jahr haben, zu klein. Die Einnahmen gegenüber dem, was der Mittelstand, der einzelne Bürger A, an Geld verliert, sind nicht gross genug.»
Das Onlinemedium «Inside Paradeplatz» tobt: «Wer hat diese Weltmeisterschaft gewollt? Sie macht alle halb wahnsinnig und interessiert keinen.»
Christoph Mörgeli («Weltwoche») droht: «Die Rad-Weltmeisterschaft 2024 blockiert neun Tage lang die Stadt und ihr Umland. Die Politiker dürften ihre begeisterte Gastfreundschaft noch bereuen.»
Markus Somm («Nebelspalter») schickt die «einfachen Leute» vor: «Also Leute, die, wenn sie einmal Velo fahren, das tun, um von A nach B zu kommen, und nicht um das Klima zu retten: Von der Rad-WM halten sie wenig, dem Tanz um das goldene Velo, den die rot-grüne Oberschicht in Zürich vollführt, schauen sie verständnislos zu.»
FDP-Thinktanker Peter Grünenfelder verläuft sich in komplizierten Gedanken: Die WM, sie sei «ein Symbol für den Grössenwahn der Möchtegern-Beat-Breus in Stadt- und Kantonspolitik».
Schliesslich resümiert die NZZ resigniert: «Der hehre Zweck, das Velo, heiligt die Mittel.»
Die Rad-WM macht Leute in Zürich tatsächlich hässig, aber immerhin die richtigen.
Schalten wir ganz am Schluss nochmals rüber zu Radio 1, wo Thomas Renggli zugeschaltet ist, Sportjournalist und Anwohner. Renggli ringt um Fassung: «Ja, heute hat es mich mit Vollwucht getroffen. Ich habe doch tatsächlich meine Joggingstrecke abändern müssen. Es ist wirklich ein Eingriff in die Bewegungsfreiheit. Man muss sich wirklich fragen, wo da die Demokratie gewesen ist, als man das alles entschieden hat.»
Das muss man sich tatsächlich fragen. Wo doch hinlänglich bekannt ist (siehe Taylor Swift im Letzigrund), dass alles, was den gewohnten Gang der Dinge stört, in Zürich als Zumutung empfunden wird. Nichts genügt Zürich – Zürich genügt sich nur selber.