Fast wähnte man sich am vergangenen Samstag am Feministischen Streik. Jedoch war es deutlich kälter, und die Berner Schützenmatte, wo sich am Nachmittag Tausende Demonstrant:innen einfanden, um gegen patriarchale Gewalt zu protestieren, war von Schnee bedeckt. Während die Präsenz der Farbe Violett an feministische Grosskundgebungen anlässlich des 14. Juni erinnerte, waren gegen Gewalt und Femizide gerichteten Slogans noch mal dringlicher.
Die Demo markierte den Auftakt der Kampagne «16 Tage gegen Gewalt an Frauen», die jeweils am 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, beginnt. Dieses Jahr erhält das Thema, so scheint es, vielerorts mehr Beachtung als üblich. Fälle wie jener der zigfachen Vergewaltigung von Gisèle Pelicot in Frankreich oder der Mord an einem achtjährigen Mädchen in der Türkei mobilisierten in den vergangenen Monaten bereits stark. Nicht nur in Bern, auch in Städten wie Rom und Paris fanden am Samstag grosse Kundgebungen statt, in Ländern wie Bulgarien, Spanien und in der Türkei wird für heute mobilisiert.
Zur nationalen Demo in der Schweiz aufgerufen hatten über neunzig Organisationen, darunter linke Parteien, Gewerkschaften, aber auch Fachstellen und -organisationen wie die Dachorganisation der Frauenhäuser Schweiz und Liechtenstein. Deren Rednerin wies am Samstag auf die besondere Vulnerabilität geflüchteter Frauen hin: Wer um seinen Aufenthaltsstatus fürchten muss, ist in einer besonders machtlosen Position und muss grössere Hürden überwinden, um im Fall häuslicher oder sexualisierter Gewalt Unterstützung zu erhalten.
Auf diese Problematik aufmerksam machen will auch die Anlaufstelle für Sans-Papiers Basel. In der am Montag gemeinsam mit anderen Organisationen lancierten Petition mit dem Titel «Stopp Gewalt an Sans-Papiers» fordert die Beratungsstelle die Basler Regierung zum Handeln auf. So sollen etwa künftig sexuelle Ausbeutung und häusliche Gewalt als Härtefallgründe gelten, damit von Gewalt betroffene Frauen und genderqueere Personen Übergriffe auch tatsächlich melden können – ohne eine Abschiebung fürchten zu müssen. Ausserdem soll die Leistung von Care-Arbeit bei Härtefallgesuchen mitberücksichtigt werden. Werden solche von Sans-Papiers gestellt, überprüfen die Behörden die sogenannte wirtschaftliche Unabhängigkeit der Gesuchsteller:innen – wobei Alleinerziehende benachteiligt sind, wenn etwa die von ihnen geleistete Betreuungsarbeit nicht miteinbezogen wird.