Zum Tod von Brian Wilson

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Fröhliche Musik, die anderen ein gutes Gefühl gebe, habe er schreiben wollen, so beschrieb Brian Wilson einmal seinen Anspruch. Diese Heiterkeit musste das musikalische Mastermind der Beach Boys stets gegen innere und äussere Abgründe behaupten. Das Zeitfenster, in dem ihm das gelang, war ein paar Jahre kurz.

1967 brach Wilson nach einem Nervenzusammenbruch die überbordende Arbeit an «Smile» ab, dem Album, das sein ganz grosses hätte werden sollen. 24 Jahre alt war er da, geplagt von psychischen Leiden, intensivem Drogenkonsum und einem tyrannischen Vater; diverse Nummer-eins-Hits hatte er bereits geschrieben und ein Meisterwerk fast im Alleingang konzipiert und produziert.

Bis zu «Pet Sounds» (1966) hatten die Beach Boys, 1961 in einem Vorort von Los Angeles gegründet, sonnengebräunte Lieder übers Surfen und über ewige Sommer in Kalifornien gesungen. Die Ambitionen, die in diesen Songs und in den unverkennbaren Vokalharmonien steckten, stachen bald heraus, doch «Pet Sounds» veränderte die Spielregeln grundlegend, überhaupt für die Popmusik. Wilson, der nicht surfen konnte und die Bühne scheute, liess die Beach Boys ohne ihn auf Japantour ziehen. Unterdessen verkroch er sich im Studio und nahm mit Sessionmusiker:innen auf, arrangierte Streicher und Bläser, streute wunderliche Geräusche ein. Als der Rest der Band wieder zu Hause war, fehlten bloss noch die Gesangsspuren.

Wilson war einer der Ersten, die das Aufnahmestudio als Instrument begriffen, und der erste Musiker, der auf die Arbeit eines externen Produzenten komplett verzichtete. Damit wurde er, neben seinen klanglichen Innovationen, zur Inspiration für Punk, Indie und Outsider aller Art. Bei «Smile», als Fortsetzung von «Pet Sounds» gedacht, war der Graben zwischen Wilson und den Beach Boys dann unüberwindbar geworden – die Gesänge und die Lyrics zu komplex, die kindlich-psychedelischen Spielereien (viele Sounds wurden mit Gemüse aufgenommen) zu ausufernd.

Bei den Beach Boys spielte er danach höchstens noch eine Nebenrolle. Bald geriet er in die Fänge des dubiosen Therapeuten Eugene Landy, der ihn isolierte und mit dem er erst 1991 brechen konnte. Anfang der nuller Jahre vollendete er «Smile»; es klang gut, wie ein kurzer Lichtblick in dem trüben Nebel, der den Grossteil seines Lebens überzogen hatte. Am 11. Juni starb er mit 82 Jahren.